Judenhaß in Deutschland –
Grenze des Erträglichen
Von Peter Helmes
Wie sicher können sich Juden in Deutschland fühlen? Der Antisemitismus erstarkt. Josef Schuster vom Zentralrat der Juden in Deutschland erklärt, wie der Judenhaß bekämpft werden kann.
Der Antisemitismus in Deutschland ist stark – und wird immer stärker. Auf offener Straße wird in Deutschland Israel im Speziellen und Juden im allgemeinen der Tod gewünscht, bei Kulturveranstaltungen wie der Berlinale werfen Preisträger Israel einen "Genozid" an den Palästinensern vor. Kein Wort fiel dabei über die Terrorattacke der Hamas vom 7. Oktober 2023, kein Wort über die Geiseln, die sich immer noch in den Händen der Terroristen befinden.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth duldet nach dem Skandal bei der Documenta auf der Berlinale schon den zweiten Antisemitismusvorfall auf einer Kulturveranstaltung unter ihrer Schirmherrschaft, sieht aber jetzt plötzlich „ekelhaften offenen Antisemitismus“ bei Linksradikalen. Ein Sinneswandel? Kaum glaubwürdig!
Nach den israelkritischen Äußerungen auf der Berlinale hat jetzt diese Kulturstaatsministerin – unter völliger Abkehr ihrer bisherigen Gewohnheit – der Leitung des Filmfestivals und der politischen Linken schwere Vorwürfe gemacht.
Unter Linksradikalen gebe es einen „ekelhaften offenen Antisemitismus“, sagte die Grünen-Politikerin dem Magazin „Der Spiegel“ jetzt (1.3.24). Dabei nannte sie unter anderen den US-Filmemacher Ben Russell, der Israel bei der Berlinale-Abschlußgala einen Genozid an den Palästinensern vorgeworfen hatte. Die Preisverleihung sei „zum Teil unerträglich“ gewesen. Es hätte eine bessere Vorbereitung geben müssen.
Man glaubt es nicht! Roth, die bei der Gala anwesend war, steht nämlich selbst in der Kritik. Ihr wird vorgeworfen, lange zu passiv geblieben zu sein. Roth stand bereits wegen antisemitischer Vorfälle bei der Documenta in Kassel vergangenes Jahr in der Kritik – was sie wohl unter „Toleranz“ verstanden hat.
Aber die Wirklichkeit in unserem Land ist brutal – gerade auch beim Thema Antisemitismus: An einem Punkt endet die Toleranz in fast allen Gesprächen mit arabischen Nachbarn: Kommt in der arabischen Welt die Sprache auf Juden, begegnet man quer durch alle Bildungsschichten bei den meisten Menschen harten Urteilen, die oft auch Vorurteile sind.
Die Juden, hört man dann, seien hinterlistig und brutal, sie würden mit Hilfe globaler Lobby-Netzwerke, viel Geld aus Amerika und geduldet von den Europäern das palästinensische Volk zugrunde richten. So würden die Juden den Palästinensern dasselbe antun, was die Nazis einst den Juden antaten: einen Völkermord.
Kann der Antisemitismus überhaupt erfolgreich eingedämmt werden?
Hat ein Gespräch dieses Stadium erreicht, und das dauert meistens nicht lange, ist die Forderung nach Differenzierung oder gar Objektivität kaum noch fruchtbar. Dann mag man als rationaler Gesprächspartner noch so eindringlich den absurden Vergleich anprangern, man dringt damit nicht durch.
Die Lage ist auch deshalb so ernst, weil sie mit kräftiger Zustimmung gestärkt wird, z.B. von der AfD. In den Reihen dieser Partei und von den Rechtsaußen finden sich viele Judenhasser, nicht nur im Osten des Landes, auch im Westen. Kann der Antisemitismus überhaupt erfolgreich eingedämmt werden? Ja, sagt Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, im t-online-Interview. Dabei sind aber nicht nur Politik und Rechtsstaat gefordert, sondern die Gesellschaft als Ganze. Auch der Zentralrat selbst tritt dem Antisemitismus stärker entgegnen, etwa mit der neuen Kampagne "#StopRepeatingStories".
Mangelnde Bildung ist in vielen muslimischen Ländern ein großes Problem, und die Beschäftigung mit der Nazizeit beschränkt sich vielerorts auf ideologisch gefärbte Schulbücher und propagandistische Fernsehfilme. Die kollektive Verunglimpfung von Juden als Unmenschen hat in der muslimischen Welt aber noch einen weiteren Grund. Es ist derselbe, der seit Wochen Hunderttausende im Jemen auf die Straßen treibt, ebenso wie in Marokko und im Iran, mitnichten nur Claqueure der Regime: Von Casablanca bis Teheran und von Istanbul bis Kairo werden Juden mit den Israelis gleichgesetzt. Und zwar 1:1.
Das drückt sich schon im Sprachgebrauch aus: Israelis heißen auf Arabisch schlicht „Al-Jahuud", die Juden. Und diese Juden unterdrücken im Verständnis der muslimischen Volksmassen seit bald 80 Jahren brutal die Palästinenser: Sie vertreiben diese von ihrem Grund und Boden, zerstören ihre Häuser, verhaften ihre Männer und Söhne, begraben ihre Kinder unter Bomben, entrechten sie nach Strich und Faden. Das jahrzehntelange Leid der Palästinenser – tagtäglich in arabischen, iranischen und türkischen TV- und Social-Media-Kanälen dokumentiert – schürt den Haß von Millionen Muslimen.
Mitleid und Wut sind so groß, daß die Gewalt der Gegenseite oft vollkommen ausgeblendet oder zu legitimem Widerstand verklärt wird. So kommt es, daß Selbstmordanschläge palästinensischer Terroristen oder der Massenmord von Hamas-Kämpfern am 7. Oktober verharmlost oder noch nicht einmal erwähnt werden. So entsteht die Einseitigkeit der Betrachtung, die uns hierzulande zu Recht schockiert. Und damit wächst die Bedrohung durch den Antisemitismus. Infolge der propalästinensischen Proteste kommt es seit Monaten zu Haßattacken und Angriffen.
Es gibt hier zwei Ebenen: Jüdisches Leben ist dank der Polizei in Synagogen und Gemeindezentren möglich. Auch im Privatbereich gibt es kaum Einschränkungen. Anders im öffentlichen Raum, da ist die Situation teilweise extrem.
Wer in bestimmten Vierteln von deutschen Großstädten wie Berlin eine Kippa oder einen Davidstern trägt, geht leider ein Risiko ein. In Deutschland lebende Juden warnen schon seit Längerem vor Übergriffen und fordern Glaubensbrüder dazu auf, beim Aufenthalt in Stadtteilen mit hohem muslimischem Bevölkerungsanteil anstelle der Kippa eine andere Kopfbedeckung zu tragen. In jüdischen Kreisen ist es seit Langem eine Binsenweisheit, daß man seine jüdische Identität an bestimmten Orten besser nicht zu erkennen gibt.
Generell ist die Gefahr in Großstädten und in Bereichen mit einem hohen Anteil türkisch- oder arabischstämmiger Menschen, insbesondere Berlin und verschiedene Städte im Ruhrgebiet, größer. Auch genau dort hat die Zahl antisemitischer Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023 deutlich zugenommen hat. Der Hintergrund der Täter ist meistens muslimisch beziehungsweise israelfeindlich.
Mittlerweile hat sich der Antisemitismus derzeit offensichtlich verlagert: weg von der Straße, hinein in Universitäten und Kultureinrichtungen. Dort war es allerdings immer schon problematisch. Auch die Freie Universität in Berlin ist in die Kritik geraten: Im Dezember besetzten Studierende und Palästina-Aktivisten einen Hörsaal, Anfang Februar wurde der jüdische Student Lahav Shapira von einem pro-palästinensischen Kommilitonen schwer verletzt.
Eine verquere Sicht auf den Nahostkonflikt gibt es nicht nur im Nahen Osten, sie besteht beinahe weltweit. Es gibt sie überall, wo Muslime leben, also auch in deutschen Städten. Dort wird sie weiter genährt, weil viele arabischstämmige Familien statt ARD und ZDF verständlicherweise lieber Al-Jazeera oder Al-Arabiya schauen. Dort sieht man Bilder, die man im deutschen Fernsehen nicht sieht: Leichenteile nach einem israelischen Angriff, Blut und rohe Gewalt. Kameras zeigen minutenlang weinende Mütter, folgen Sanitätern mit einem stöhnenden Schwerverletzten durch die Trümmerlandschaft. Selbst als halbwegs objektiver Beobachter fällt es schwer, beim Anblick dieser Bilder die Emotionen zu kontrollieren. Wie geht es jemandem, der solche Bilder seit Wochen, Monaten, Jahren sieht? Und der den Eindruck hat, er kann nichts tun, um dem Brudervolk zu helfen?
Der muslimische Antisemitismus ist ein großes Problem in Deutschland, und er ist viel zu lang von der Mehrheitsgesellschaft ignoriert worden. Er ist nicht entschuldbar, aber erklärbar. Eben nicht damit, daß alle Muslime Fanatiker, Ignoranten oder Unwissende wären. Auch nicht allein mit Bezug auf den Koran, der Juden verflucht.
Es ist vor allem das unmittelbare Erlebnis des jahrzehntelangen Nahostkonflikts, der das Bild der Juden in muslimischen Gesellschaften zur Fratze verzerrt. Unfaßbares Leid hat dieser Dauerkonflikt verursacht – sowohl auf Seiten der Israelis als auch auf Seiten der Palästinenser. Aber die meisten Opfer waren und sind Palästinenser. Dies festzustellen ist keine Relativierung der Hamas-Attacken, sondern eine Anerkennung der Fakten. Nur wenn Fakten statt Emotionen zugrunde gelegt werden, lassen sich Konflikte vielleicht irgendwann eindämmen.
Zu den Fakten gehört allerdings auch, daß man sich als Bürger in einem aufgeklärten, toleranten Staat wie Deutschland in besonderem Maße um Ausgewogenheit bemühen muß, wenn man sich mit Konflikten befaßt. Erst recht, wenn Israels Existenzrecht zur Staatsräson zählt. Womit wir bei einem anderen Milieu wären, das sich durch eine absurd einseitige Sicht auf den Nahostkonflikt auszeichnet: In linken Kreisen, vor allem in Universitäten und Kultureinrichtungen, ist die Kritik an der israelischen Besatzungspolitik ebenfalls in blinden Antisemitismus umgeschlagen – nur daß die dortigen Aktivisten erst recht nicht durch fehlende Bildung oder mangelndes Differenzierungsvermögen entschuldigt werden können.
Im Gegenteil: Wenn Studenten Lehrveranstaltungen sprengen und Vernichtungsparolen gegen Israel skandieren, muß man das Boshaftigkeit nennen. Wenn Filmemacher dem israelischen Staat pauschal einen „Genozid" vorwerfen und dabei auch noch beklatscht werden, wie – nicht zum ersten Mal, aber soeben auch bei der Berlinale geschehen – läuft etwas grundsätzlich falsch im Land. Dann muß man Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, zustimmen, der sagt:
„Mit der Berlinale wurde eine der größten deutschen Kulturveranstaltungen für ideologische Hetze gegen Israel und Juden mißbraucht. So darf es nicht weitergehen. Erschreckend ist, daß keiner von der versammelten Politprominenz und den Kulturschaffenden aufgestanden ist und protestiert hat."
Schlimm genug, daß linke Kulturmenschen sich in Geschichtsklitterung gefallen. Aber sie vergiften damit auch den gesellschaftlichen Frieden. Wenn Juden ausgegrenzt, beschimpft, geschlagen werden, wie es hierzulande seit dem 7. Oktober verstärkt vorkommt, liegt der Grund nicht allein in der blinden Wut von Muslimen oder dem Haß von Rechtsextremen, sondern auch im Antisemitismus selbsternannter linker Weltverbesserer.
Die Mehrheitsgesellschaft darf diese falschen Propheten nicht gewähren lassen. „Toleranz ist eine Frage des gesellschaftlichen Klimas. Dafür kann man nicht allein die Politik haftbar machen“, sagt Josef Schuster in einem Interview mit t-online.de.
Schuster ergänzt: „Ich vermisse in breiten Teilen der Bevölkerung die Zivilcourage. Wenn im Freundeskreis, am Stammtisch oder am Arbeitsplatz antisemitische Aussagen fallen: Dann muß es Einspruch geben. Ich verlange selbstverständlich von niemandem, sich körperlicher Gewalt auszusetzen, doch mehr Widerspruch gegen Antisemitismus würde im gesamtgesellschaftlichen Klima sicher vieles zum Besseren wenden. Seid mutiger!"
Aber ein Bekenntnis, eine Haltung, muß – gerade von den Politikern und Publizisten – deutlich verlangt werden:
Wer einen jüdischen Menschen beleidigt, bedroht oder angreift, weil er Jude ist oder weil er sich zum Staat Israel bekennt, der überschreitet eine rote Linie. Diese Leute müssen konsequent zur Rechenschaft gezogen werden. Alle.
Zur Person
Dr. Josef Schuster, 1954 in Haifa geboren, ist seit 2014 Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der die 23 jüdischen Landesverbände vertritt, in denen insgesamt 104 jüdische Gemeinden mit mehr als 90.000 Mitgliedern organisiert sind. Zugleich ist der Mediziner Vizepräsident des World Jewish Congress und des European Jewish Congress, seit 2020 auch Mitglied im Deutschen Ethikrat. Von 1988 bis 2020 betrieb Schuster als Internist eine Praxis in seiner Heimatstadt Würzburg.
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„Recht auf Abtreibung“ in der
französischen Verfassung
Von Peter Helmes
JA zum Leben!
Viele meiner Leser wissen, daß die Tötung ungeborener Kinder – verharmlosend „Abtreibung“ genannt – bei mir an oberster Stelle meiner Kommentare steht. Ich habe in den letzten 40 Jahren mehr als 200 Artikel zu diesem grausamen Thema veröffentlicht – und die Notwendigkeit dazu nimmt nicht ab.
Laut Weltgesundheitsorganisation werden weltweit etwa 40 Millionen Kinder jährlich im Mutterleib getötet („abgetrieben“). „Offiziell“ sind es in Deutschland rd. 100.000 pro Jahr, aber die Wirklichkeit dürfte grausamer sein. Gezählt werden nämlich nur die gemeldeten „Abtreibungen“. Fachleute schätzen, daß die wirkliche Zahl eher über denn unter 200.000 Tötungen beträgt.
Es fällt allmählich auch den „Betriebsblinden“ der Gesellschaft auf! In 12 Generationen sind wir Deutschen ausgestorben – in anderthalb Generationen bereits Minderheit! 1901 wurden im damaligen Deutschen Reich 2.010.626 Kinder geboren. 2012 waren es nur 673.544.
Seit 1972 wurden in Deutschland weniger Menschen geboren als starben. Seit 2005 zählt die Bundesrepublik Deutschland weniger als 700.000 Geburten im Jahr. Sogar im ersten Nachkriegsjahr 1946 wurden mit 922.000 Geburten deutlich mehr Kinder geboren. 1960 waren es 1.261.614. Mit anderen Worten: Das deutsche Volk stirbt an „Selbstmord“.
Wann immer Sie Ihren Fernseher oder Ihr Radio einschalten, werden Sie hören, wie Medienensprecher aller Art sich bemühen, für Abtreibung zu werben. Aber die Zahlen der WHO sprechen für sich selbst. Die WHO benutzt unsere Steuergelder, um Abtreibung, Prostitution, Operationen zur Geschlechtsumwandlung, Planned Parenthood, die Gender-Ideologie und die Sexualisierung von Kindern in den Schulen zu fördern. Es ist in unser aller Interesse, sie zu stoppen.
Wir brauchen in Deutschland eine Willkommenskultur für die ungeborenen Kinder!
Da die Politiker nicht blind sind, suchen sie offensichtlich die Lösung aus der Situation durch Immigration. Und die tägliche Zuwanderung geht weiter. Wir laden die halbe Welt ein, wundern uns aber über die entstandenen Probleme, die allenfalls halbherzig angegangen werden. Ausnahmen gibt es nur bei der AfD und dem größten Teil der CU/CSU. Die Grünen frohlocken immer noch. Die größte Massentötung ungeborener deutscher Embryonen mündet in die größte Immigrationswelle der deutschen Geschichte. Kein Zufall!
Sie alle versagen bei der Bekämpfung eines schlimmen Übels: Seit Ende der sechziger Jahre setzten sich (nicht nur) linke Genossen für ein sog. „Recht auf Tötung seines Kindes vor der Geburt“ ein und sind dafür verantwortlich, daß in den letzten 50 Jahren allein in Deutschland mindestens 10 Millionen Kinder vor ihrer Geburt getötet wurden, zu 90% finanziert durch den deutschen Staat.
Abtreibung ist Tötung im Mutterleib!
Der Schutz des Lebens hat Vorrang vor dem Schutz des persönlichen Freiraums! Der Schutz des Lebens ist nicht verhandelbare und keine Ware, die man beliebig kaufen und verkaufen kann. „Werbung“ für Abtreibung ist moralisch mehr als fragwürdig, sie ist ein Vergehen gegen unsere Kultur.
Es darf keinen Widerstreit zwischen Schutz des Lebens und „Freiheit“ zur Abtreibung geben. (Dazu gibt es nur wenige, seltene Ausnahmefälle.) Abtreibung ist Tötung im Mutterleib! Hier werden nicht „mühsam errungene Freiheitsrechte“ in Frage gestellt, wie uns Abtreibungsbefürworter einreden wollen. Nein, und nochmals nein, hier werden einmal mehr ein Werteverlust und eine Geringschätzung des Rechts auf Leben in allen seinen Phasen deutlich.
Eines ist auch klar: Jede Frau hat die freie Entscheidung darüber, ob und wann sie Kinder haben will, welche Partner sie hat, welche Verhütungsmittel sie anwendet und wie sie berufliche und familiäre Ziele vereinbaren will.
Ist ein Kind gezeugt, geht es aber nicht mehr nur um sie selbst, sondern auch um das Lebensrecht des Ungeborenen.
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Wichtige Anmerkung zu den Daten: Die Wirklichkeit ist viel grausamer
Bei den Zahlen der Abtreibung gibt es eine hohe Dunkelziffer. Fachleute gehen von einer Verdopplung der Zahlen in der Realität aus. Auch das Bundesamt für Statistik hat bis zum Jahr 2000 offiziell eingeräumt, daß seine eigenen Angaben mit Vorsicht zu genießen seien. Seitdem fehlt diese Warnung, obwohl sich an den Zahlen nicht wirklich viel verändert hat.
Bei einem seit langem festzustellenden Jahresdurchschnitt von mehr als 100.000 getöteten ungeborenen Kindern darf man also feststellen, daß in Wirklichkeit von etwa 200.000 (und mehr) Tötungen auszugehen ist. 200.000 – eine entsetzliche Zahl. Und eine Zahl, die unsere negative Geburtenrate ganz entscheidend verbessern könnte – mit großen positiven Folgen für die Volkswirtschaft und Alterssicherung. Außerdem werden nur die „Abtreibungen“ gezählt, die ärztlich erfaßt sind. Der vermutlich große Rest weitet wohl eher die „Dunkelziffer“.
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Versagen der Kirchen
Allen späteren Beteuerungen zum Trotz haben die beiden großen christlichen Kirchen aus ihrem Desaster im Umgang mit den Nazis vor 75 Jahren nichts gelernt. So wie sie sich damals (insbesondere die Protestanten) mit dem politischen Machthabern arrangiert und viele vom Regime Verfolgten im Stich gelassen haben (solange, bis sie selbst zur Zielscheibe wurden), so haben sie sich auch heute arrangiert und die Ungeborenen und ihre Mütter bzw. Eltern im Stich gelassen.
Sonntags predigen sie von der Freude des Gutmenschseins hinieden, aber sie predigen weder vom Mord an hunderttausenden Christen vor allem in der islamischen Welt, noch predigen sie über die täglich Tötung ungeborenen Lebens. Hoffentlich fallen sie nicht eines Tages unter Euthanasie, die bereits heute als „humanes Sterben“ zeitgeistig erhöht wird – gegen die sie ebenfalls nicht predigen.
Dieser Skandal hat Ursachen:
Linke Parolen: „Mein Bauch gehört MIR“
Die größte Vernichtung ungeborenen Lebens – die Abtreibung von Embryos – wird meist mit dem Selbstbestimmungsrecht der Frauen begründet unter dem Motto: „Mein Bauch gehört mir!”
Die Titelseite der Zeitschrift „Stern“ am 6. Juni 1971 – „Wir haben abgetrieben!” – bildete einen Höhepunkt in der Debatte und wurde zu einem Meilenstein des Kampfs gegen den Paragraphen 218 des Strafgesetzbuchs. Linke skandierten in Massenaufmärschen zuerst: „Mein Bauch gehört mir!” – um Jahre später, als die Bevölkerungszahlen in Deutschland zurückgingen, Millionen kultur- und zivilisationsferne Immigranten nach dem Motto hereinzuholen: „Mein Land gehört DIR!”
Frankreich hat als erstes Land der Welt das Recht auf Abtreibung in die Verfassung aufgenommen
Eine Entscheidung, die Zeitungen überall im Land als historisch bezeichnen und breiten Jubel im sogenannten progressiven Bevölkerungs-und Medienteil auslöste! Wenige Tage vor dem 8. März, also dem internationalen Frauentag, wurde die Freiheit der Frauen, selbst über ihren Körper zu bestimmen, in der Verfassung verankert. Das Erreichen der erforderlichen Drei-Fünftel-Mehrheit zeigt, daß zwar ein breiter Konsens gefunden wurde, aber das Thema Abtreibung empört immer noch Teile der Konservativen und der Rechten.
Denn auch nach der Aufnahme des „Rechts auf Abtreibung“ in die französische Verfassung bleibt dieser Eingriff eine Tötung ungeboren Lebens – und kein Akt, der bejubelt werden darf. Es gibt für Frauen nicht nur die Freiheit auf Abtreibung. Es gibt auch die Freiheit, herumzulaufen, ohne belästigt zu werden, Nein zu sagen, ohne vergewaltigt zu werden, oder einen Partner oder Ehemann zu verlassen, ohne ermordet zu werden.
Wenn jetzt der Einwand kommt, daß man sich freuen sollte, ohne gleich das Haar in der Suppe zu suchen, ist zu sagen: Gerade weil Frankreich diese Entscheidung getroffen hat, ist es unverständlich, daß sich das Land nicht auf die Seite der Frauen stellt, wenn es um Belästigung, Vergewaltigung und Frauenmord geht. Und auch die verteidigt, die für das „Recht auf Leben“ kämpfen – und dafür Häme und Beleidigungen ernten.
Nüchtern darf man mit Mutter Theresa resümieren:
„Ich habe eine Überzeugung, die ich Ihnen allen mitteilen möchte:
Der größte Zerstörer des Friedens ist heute der Schrei des unschuldigen, ungeborenen Kindes. Für mich sind die Nationen, die Abtreibung legalisiert haben, die ärmsten Länder (…). Und ich bitte Sie hier im Namen der Kleinen: Rettet das ungeborene Kind, erkennt die Gegenwart Jesu in ihm!“
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Unverantwortlich!
Falsches Spiel auf dem Papststuhl
Von Peter Helmes
Natürlich erhebt die katholische Kirche den Anspruch, eine moralische Instanz zu sein. Aber die Kritik an den Aussagen von Papst Franziskus zum Krieg in der Ukraine reißt nicht ab. Damit zeigt sich in meinen Augen: Der Papst hat seine Rolle verfehlt; der ‚Heilige Vater‘ hat sich als scheinheiliger Friedensprediger entlarvt.
Ein Regierungssprecher sagte in Berlin, die Meinung, daß Kiew im Abwehrkampf gegen Rußland eine „weiße Fahne“ hissen müsse, werde von Bundeskanzler Scholz nicht geteilt. Rußland sieht sich hingegen bestätigt.
Führende Politiker von CDU und CSU nutzten eine Präsidiumssitzung in Berlin, um ihre Haltung deutlich zu machen. Hessens Regierungschef Rhein sagte vor Beginn der Sitzung, durch das Hissen von weißen Flaggen sei in der Ukraine nichts gelöst. Ihm falle es als gläubiger Katholik schwer, die Aussagen des Papstes nachzuvollziehen. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt meinte, Franziskus‘ Äußerungen sollten „von gegebener Seite“ eingeordnet werden.
Naiver, ja böser Ratschlag
Franziskus hat es bisher bei allgemeinen Friedensappellen bewenden lassen, aber vermieden, den Urheber von Tod und Zerstörung klar zu verurteilen. Stattdessen kommt nun der naive Ratschlag an das Opfer des russischen Überfalls, doch bitte den ‚Mut‘ aufzubringen, die ‚weiße Fahne‘ zu hissen und mit Russland ein Ende des Kriegs auszuhandeln, bevor ‚alles noch schlimmer wird‘. Ein Aufgeben der Ukraine bedeutet keinen dauerhaften Frieden für Europa, sondern die Ermutigung Putins zum nächsten Krieg.
Über die Worte von Franziskus dürfte sich der russische Präsident freuen.
Damit unterstützt der Papst leider und sicher unfreiwillig Putin – der setzt auf Zeit, Zermürbung und darauf, daß er aus dem geknechteten Russland keinerlei Widerspruch befürchten muß. Hat er in der Ukraine auch nur etwas Erfolg, macht er weiter.
Der Friedensappell aus dem Vatikan ist nichts als blanker Hohn
Er diskreditiert den Papst als ehrlichen Makler zwischen den Kriegsparteien, als der sich Franziskus mehrfach angeboten hat. Denn er empfiehlt einseitig den ukrainischen Opfern die Aufgabe – und nicht den russischen Tätern den Rückzug. Mit keinem Wort brandmarkt er die Kriegsverbrechen der Kreml-Truppen und den Mißbrauch des christlichen Glaubens durch den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill, der öffentlich für den Sieg Putins betet.
Letzteres tut Papst Franziskus zwar noch nicht – aber ukrainischer ‚Mut zur weißen Fahne‘ würde nichts anderes bedeuten als den Triumph von Putins Imperialismus. Der ‚Heilige Vater‘ hat sich als scheinheiliger Friedensprediger entlarvt.
Insofern mag es befremdlich erscheinen, daß Franziskus nicht zwischen den ukrainischen Opfern und den russischen Aggressoren unterscheidet. Doch genau das macht die Position der Kirche aus. Sie unterscheidet nicht zwischen Schuld und Unschuld. Die Kirche verurteilt nicht, sie ruft zur Versöhnung und zum Ausgleich auf. Und immer dann, wenn sie von diesem Weg abgewichen ist, nahm es kein gutes Ende.
Nicht ganz falsch
Mit seiner Aussage liegt der Papst allerdings nicht ganz falsch. Der Wunsch nach Gerechtigkeit und Freiheit für die gesamte Ukraine ist groß, verständlicherweise. Aber die Mittel der Ukraine und des Westens sind begrenzt.
Das meint der Papst. Deshalb ist Franziskus noch lange kein Ukraine-Verräter oder Putins Papst. Im Gegenteil. Je länger der Angriffskrieg dauert, je mehr russische Soldaten fallen, je weniger die ukrainische Armee den Aggressoren etwas entgegenzusetzen hat, desto höher wird der Preis sein, den Kiew eines Tages für einen Waffenstillstand zahlen muß. Es geht nicht um Kapitulation. Mit jeder weiteren ukrainischen Niederlage auf dem Schlachtfeld wird jedoch ein Diktatfrieden von Putins Gnaden wahrscheinlicher.
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Desparate Nahost-Situation
Von Peter Helmes
Das Schlimme an der Entwicklung des Kriegsgeschehens im Nahen Osten ist, daß die Zeit für die Hamas arbeitet. Die Terrororganisation ist dabei, die öffentliche Aufmerksamkeit in die gewünschte Richtung zu lenken. Der Fokus soll auf dem Leid des palästinensischen Volkes liegen, nicht auf der eigenen Verantwortung für die Entwicklung.
Wenn ein US-Präsident Worte wie ‚herzzerreißend‘ zur Beschreibung der Lage nutzt, kann sich die Hamas beruhigt zurücklehnen. Die Opfer des Terrors vom 7. Oktober sind begraben, die Geiseln aus Israel von der Hamas versteckt. Die Terrororganisation kann täglich neue Bilder von Zerstörungen, neue Opferzahlen und Berichte von Betroffenen vorlegen. Die zynische Frage ist, wie lange dieses Spiel noch weitergehen soll. Beide Seiten haben ein Druckmittel, auf das sie auf keinen Fall verzichten wollen: Die Hamas hat die Geiseln, Israel die Kontrolle über die humanitäre Hilfe.
Keinen Halt des Krieges vor dem Ramadan
Während des muslimischen Fastenmonats Ramadan wird es keine Feuerpause im Nahostkrieg geben, auf die die Bewohner in Gaza gehofft hatten. Zwar wird verhandelt, doch mit einer Waffenruhe ist angesichts der Positionen der Parteien nicht zu rechnen.
Wie es momentan aussieht, macht der Krieg auch vor dem Ramadan keinen Halt. Die Verhandlungsrunde im ägyptischen Kairo über eine Waffenruhe wurde bereits für gescheitert erklärt. Daran trägt auch die US-Regierung eine Mitschuld, indem sie einerseits Öl ins Feuer gießt und andererseits versucht, den Brand zu löschen. US-Präsident Biden hat den Druck auf seinen Amtskollegen Netanjahu erhöht – vielleicht nur wegen des bevorstehenden Wahlkampfes in seinem Land. Trotzdem ist zu hoffen, daß die Botschaft bei der Regierung in Tel Aviv angekommen ist.
US-Präsident Biden ist eigentlich einer der entschiedensten Befürworter des harten Vorgehens Israels im Gazastreifen. Gleichzeitig hat er aber auch erkannt, daß ihn eine uneingeschränkte Unterstützung Israels während der Wahlperiode Stimmen kosten wird. Aus Sorge um seine eigene politische Karriere versucht Biden, Israel eine Richtung vorzugeben. Er will die Situation im Gazastreifen verändern und hofft, auf diese Weise den Rückhalt der USA in der Welt und das erschütterte Vertrauen der regionalen Partner wiederherzustellen.
Wenn Biden das israelische Vorgehen in Gaza kritisiert, dann vor allem deshalb, weil sich dieser Krieg aufgrund seiner moralischen und humanitären Folgen auf den Präsidentschaftswahlkampf auswirkt. Dieser Umstand könnte Bidens Siegchancen ernsthaft mindern, da in einzelnen US-Bundesstaaten auch viele arabische und muslimische Wähler leben, die seine bisherige Position in dem Krieg ablehnen.
Auch innerhalb der Demokratischen Partei gibt es einen progressiv-liberalen Flügel, der ebenso gegen den Krieg ist wie viele andere Amerikaner, insbesondere Aktivisten und Studenten. Deren Kritik an dem Krieg und ihre Forderungen, ihn zu beenden, werden immer lauter. Daß Biden es bislang nicht geschafft hat, den Krieg zu beenden, verstärkt ihren Unmut.
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Macron – selbsternannter
„Leader eines freien Europa“?
Von Peter Helmes
Die französische Politik in der Ukraine-Frage war in den letzten beiden Jahren nur sehr schwer nachzuvollziehen; einen festen Standpunkt suchte man vergebens. Für Kenner der französischen Politik ist eine solche Handlungsweise nicht überraschend – zumal es hier auch um Rußland geht, das in der Politik unserer Nachbarn immer eine besondere Rolle gespielt hat und weiterhin spielt.
Dementsprechend war die Haltung der Franzosen zum vor zwei Jahren ausgebrochenen Krieg der Russen gegen die Ukraine anfangs eher von „vornehmer“ Zurückhaltung geprägt denn von einer klaren und erkennbaren Strategie. Es hatte zuweilen eher den Anschein, als interessiere Paris sich nicht für die Konflikte und wolle das Aktionsfeld wie üblich lieber den US-Amerikanern überlassen. Aber die Entwicklung des Krieges nahm einen solch alarmierenden Verlauf an, daß etliche europäische Staaten sich zu klareren Stellungnahmen gezwungen sahen und ihre anfängliche Reserviertheit aufgeben mußten. So sah es auch in Paris aus. Aber der Verlauf des Krieges verlangte auch und gerade von Frankreich ein klares Bekenntnis. Eine abwartende Politik hätten den Franzosen viele Nachbarn – und erst recht die Ukraine selbst – übelgenommen, ja verstört, zumal Paris auch ungefragt gerne einen Führungsanspruch in Europa erkennen läßt.
Macron erhebt unausgesprochen einen Führungsanspruch
Diesen Führungsanspruch drohte die retardierende Politik Frankreichs zu verlieren. Doch jetzt hat sich das Blatt gewendet, Macron ergreift die Initiative, Paris tritt erkennbarer auf.
Seine Sprache wird härter, kompromißloser und läßt erkennen: Der französische Präsident will die Europäische Union im Ukraine-Krieg anführen. Daß er dazu zuerst er die Beziehung zu Osteuropa kitten muß, versteht sich von selbst, wird aber von Macron nicht angesprochen. So bleibt trotz seines Eingeständnisses, Fehler gemacht zu haben, vor allem in Osteuropa das Mißtrauen gegenüber Frankreich bestehen.
„Feiges“ Europa oder in Wirklichkeit „feiges“ Paris
Nachdem Macron die Regierungen des Westens vor einigen Tagen mit der Idee erschreckt hatte, die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine zu erwägen, reiste er nach Tschechien. In Prag überraschte er die politischen Beobachter mit einer sehr eigenen „Interpretation“ französischer Geschichtsdeutung: Er forderte nonchalant die Verbündeten der Ukraine auf, angesichts eines „unaufhaltsam gewordenen“ Rußland „nicht feige“ zu sein.
Lange, erklärte der französische Staatschef, hätten sich die Europäer dem sich anbahnenden Drama nicht stellen wollen. Er denke aber, daß Frankreich und Tschechien sich heute bewußt seien, was vor sich gehe: die Rückkehr des Krieges auf europäischen Boden. Das hat etwas von französischem Raffinement, nein, das ist Chuzpe! Motto: „Ich mache, und Ihr, Ihr Penner, kommt jetzt erst aus der Deckung!“ Eine solche Volte hätte sich ein Kanzler Scholz nie getraut.
Die Masche ist deutlich, verfängt aber nicht überall: Macron inszeniert sich zu Beginn des dritten Kriegsjahres als Antreiber der Verbündeten in Europa.
In Ostmitteleuropa trifft das, wie oben schon gesagt, auf Mißtrauen. Dem Gedankenspiel, westliche Truppen auf ukrainischem Territorium einzusetzen, erteilten Tschechien, Polen, Slowenien und die Slowakei sofort eine Absage. Die Länder, die gemessen an ihrer Wirtschaftskraft bisher viel mehr in den Verteidigungskampf der Ukraine investiert haben als Frankreich, zeigten sich ob des Vorpreschens von Paris irritiert.
Schlechte Erfahrungen mit Macrons Gedankenspielen
Es ist allerdings nicht das erste Mal, daß Macrons öffentlich vorgetragene Gedankenspiele zu außen- und sicherheitspolitischen Fragen in diesen Ländern für Unmut sorgen.
Zwar grenzt sich der französische Präsident inzwischen deutlich von Rußland ab und betont bei jeder Gelegenheit, daß Wladimir Putin den Krieg in der Ukraine verlieren müsse. Unvergessen bleibt jedoch, wie Macron 2022 bis vor der Invasion russischer Truppen in der Ukraine mit dem russischen Präsidenten verhandelte, und davon sprach, Rußland nicht zu demütigen und Putin nicht zu provozieren. Erst nach den Greueltaten der Invasoren in Butscha im März des ersten Kriegsjahres änderte Frankreichs Präsident seine Haltung.
Insbesondere die osteuropäischen Nachbarn der Ukraine hatten immer wieder vor der russischen Bedrohung gewarnt, doch Frankreichs Präsident ignorierte das. Stattdessen sparte er nicht mit Ratschlägen an die Osteuropäer und die bis heute absolut gesehen tatkräftigste Unterstützerin der Ukraine, die USA.
Für die mittel- und osteuropäischen Nato-Staaten sind die Sicherheitsgarantien der USA unerläßlich. Macron hingegen spricht seit seinem Amtsantritt 2017 von der „strategischen Autonomie Europas“, die sowohl den industriellen und technologischen als auch den Verteidigungsbereich umfassen soll. Da schimmert ein Hauch französischen Größenwahns durch, der auch im Folgenden zu erkennen ist:
Noch im letzten April warnte Frankreichs Staatschef die östlichen EU-Mitglieder in einem Interview mit „Politico“ davor, sich allzu sehr an die USA anzulehnen und Europa womöglich in einen amerikanisch-chinesischen Krieg um Taiwan hineinzuziehen. Die Nachbarn im Osten sollten nicht zu „Vasallen“ Washingtons werden, so Macron, Das war ein klarer Affront, gerichtet an die Verbündeten in Ost und West, die wie Frankreich Mitglieder der Nato sind.
Auf Macrons „mea culpa“ müssen nun aber auch Taten folgen
Daß die Nato nicht „hirntot“, sondern quicklebendig ist, bestreitet Emmanuel Macron heute nicht mehr. Und auf die östlichen EU-Mitglieder ist der französische Präsident in den letzten Monaten zumindest rhetorisch zugegangen. So räumte er im vergangenen Sommer erstmals ein, daß Frankreich den osteuropäischen Staaten mehr Aufmerksamkeit hätte schenken sollen, die vor dem Einmarsch Moskaus in die Ukraine vor Rußland gewarnt hatten. „Einige sagten, sie hätten eine Gelegenheit verpaßt, den Mund zu halten. Ich denke, wir haben eine Gelegenheit verpaßt, ihnen zuzuhören. Diese Zeit ist vorbei“, sagte er am Rande einer Sicherheitskonferenz im slowakischen Bratislava.
Er spielte damit auf eine Bemerkung des damaligen französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac im Jahr 2003 an. Chirac hatte seine östlichen Partner vor den Kopf gestoßen, indem er erklärte, sie hätten „eine Gelegenheit verpaßt, den Mund zu halten“, als diese ihre volle Unterstützung für die USA im Irak-Krieg bekräftigten – zum Leidwesen des Franzosen, der dagegen war. Chiracs Satz gilt seither in Osteuropa als Sinnbild französischer Arroganz. Macron wollte dem mit seiner Rede entgegenwirken.
In Bratislava betonte Macron außerdem, es dürfe keine Spaltung zwischen dem „alten Europa“ und dem „neuen Europa“ geben. Der französische Präsident würdigte damit die Tatsache, daß sich die Gewichte in der EU im Zuge des Ukraine-Krieges gegen Osten verschoben haben. Die warmen Worte Macrons wurden in Bratislava zwar mit Wohlwollen aufgenommen, das Mißtrauen darüber, ob der französische Präsident in seiner Osteuropapolitik tatsächlich eine Wende eingeleitet hat, bleibt allerdings.
Zu Recht, wie das Ringen um europäische Artilleriemunition für die Ukraine in den letzten Monaten gezeigt hat. Zwar kündigte Macron in den letzten Tagen an, daß sich Frankreich an der tschechischen Initiative, Artilleriemunition auch außerhalb der EU einzukaufen, beteiligen werde. Bei seinem Besuch in Prag vor einigen Tagen machte Macron allerdings keine finanziellen Zusagen. Die französische Beteiligung müsse noch auf der Ministerebene geklärt werden, so der Präsident, der damit die leisen Hoffnungen, Frankreich könnte einen Schritt auf den Osten zugehen, wieder enttäuschte.
Denn Macron beharrt nach wie vor darauf, daß die EU Finanzmittel vorrangig in den Ausbau europäischer Produktionskapazitäten investiere. Gemeinsam mit Estland und Polen forderte Frankreich deshalb kürzlich die EU-Kommission auf, EU-Anleihen zum Ausbau der Rüstungsindustrie auszugeben, so wie es die Kommission zur Finanzierung des milliardenschweren Corona-Wiederaufbaufonds getan hatte. Die EU-Kommission ist bisher nicht auf den Vorschlag eingegangen.
Die EU-Mitgliedsstaaten sollten mit den Geldern auch die heimische Rüstungsindustrie fördern, so die drei Staaten. Damit könnte Macron bei der Ukraine-Hilfe finanzielle Mittel sparen, die er sonst aus dem eigenen verschuldeten Haushalt bereitstellen muß. Zudem winkten lukrative Aufträge für französische Rüstungsfirmen. Diese haben derzeit Mühe, ihre Produktionskapazitäten zu erweitern und Fachkräfte zu finden. Sie fordern deshalb vom Präsidenten klare finanzielle Zusicherungen.
Macrons „Europa zuerst“-Strategie nährt in Osteuropa erneut den Verdacht, daß er darauf abziele, Frankreich und sich selbst zu helfen, bevor er der Ukraine Unterstützung gewährt.
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Alarmstufe:
Deindustrialisierung in Deutschland?
Von Peter Helmes
Kaum ein Tag vergeht derzeit ohne neue einschlägige Warnung eines Wirtschaftsverbandes oder Konzernchefs ohne schlechte Konjunkturdaten oder Firmennachrichten. Der Chemiekonzern BASF – ein symptomatisches und eben auch alarmierendes Beispiel – schließt am Stammsitz in Ludwigshafen Anlagen, während er in China ausbaut – nur ein Beispiel von vielen. Ein Gespenst geht um in Deutschland – das Gespenst der Deindustrialisierung:
Was die Daten sagen
Doch wie furchteinflößend ist die Lage tatsächlich? Die Daten sind weniger eindeutig, als es der Katzenjammer erwarten ließe. Schlecht sieht es aus, wenn man nur auf die Produktionswerte schaut. 2023 ist die reale, kalenderbereinigte Produktion im verarbeitenden Gewerbe laut dem Statistischen Bundesamt um 1,5 Prozent gesunken. Im Trend schrumpft sie seit 2018, verschärft durch einen tiefen, aber kurzen Einbruch während der Corona-Pandemie. Zurzeit liegt sie deutlich unter dem Niveau von 2015.
Besonders drastisch ist der Einbruch der energieintensiven Industrien, der mit dem russischen Angriff auf die Ukraine eingesetzt hat. Dieser ließ die Lieferung von günstigem Pipeline-Gas aus Russland schrittweise versiegen und die Energiepreise in Rekordhöhe hochschnellen. In der Folge hat die Produktion der chemischen Industrie 2023 den niedrigsten Wert seit 1995 erreicht.
Deutlich besser entwickelt hat sich allerdings die Bruttowertschöpfung. Sie mißt den nach Abzug der Vorleistungen durch das verarbeitende Gewerbe geschaffenen Mehrwert. Auch in dieser Datenreihe gibt es einen Corona-Einbruch, aber das Niveau liegt inzwischen wieder über jenem von 2015, und die Bruttowertschöpfung rutscht nicht ab wie die Produktion.
Eine Studie des Münchner Ifo-Instituts führt die Diskrepanz zwischen der Entwicklung der Industrieproduktion und der industriellen Wertschöpfung auf einen strukturellen Wandel zurück. Sie verweist unter anderem auf eine sinkende Vorleistungsquote: Hatten deutsche Unternehmen vor allem in den 1990er Jahren im Zuge der Globalisierung immer mehr Vorleistungen für einheimische Produktionen aus dem Ausland bezogen, ist diese Quote spätestens seit Anfang 2010 wieder rückläufig. Das könnte auf mehr Eigenproduktion – Stichwort: Reshoring – aber auch auf die Auslagerung ganzer Fließbandproduktionen mit hohem Vorleistungsanteil ins Ausland zurückzuführen sein.
Entscheidend für den Wohlstand eines Landes ist diese Wertschöpfung, die auch den Beitrag eines Wirtschaftsbereichs zum Bruttoinlandprodukt (BIP) bestimmt, nicht die mengenmäßige Produktion. Die Ifo-Studie zieht deshalb das Fazit, daß es derzeit keine Anzeichen für eine breit angelegte Deindustrialisierung der deutschen Wirtschaft gibt.
Zur Entdramatisierung trägt auch ein internationaler Vergleich bei: In Deutschland liegt der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der gesamten Bruttowertschöpfung laut Eurostat-Daten mit zuletzt knapp 21 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt von 17 Prozent. Während diese Kennzahl in Staaten wie Frankreich und Großbritannien seit Mitte der 1990er Jahre stark gesunken ist und nun bei rund 10 Prozent liegt, schwankte sie in Deutschland mit Ausnahme der Finanzkrise meist zwischen 22 und 23 Prozent, erst seit 2019/20 liegt sie etwas darunter. Anderswo ist somit der Strukturwandel weg von der Industrie hin zu Dienstleistungen weiter vorangeschritten als in Deutschland.
Zu Tode gefürchtet, ist auch gestorben
Ist somit alles in Butter? Natürlich nicht. Nicht nur die Industrie, sondern auch die ganze deutsche Volkswirtschaft befindet sich in einer Schwächephase. Gemessen am BIP-Wachstum rangiert Deutschland dieses und letztes Jahr auf den letzten Plätzen unter den großen Industriestaaten. Dabei mischen sich konjunkturelle und strukturelle Faktoren, exogene Einflüsse und hausgemachte Probleme.
Wachstumspotenzial sinkt
Zu den konjunkturellen und den exogenen Faktoren zählen neben den hohen Zinsen, die gefährlicher sind, und die strukturellen Faktoren, die das Potenzialwachstum mindern. Das ist jenes Wachstum, das bei optimaler Auslastung aller Produktionskapazitäten erreicht werden kann. Die „Wirtschaftsweisen“ schätzten in ihrem letzten Jahresgutachten, daß das Potenzialwachstum ohne Gegensteuern bis 2028 mit einem jährlichen Durchschnitt von 0,4 Prozent nur noch etwa einen Drittel des Wertes der letzten Dekade und damit einen historischen Tiefstand erreichen dürfte.
Zu den Hauptgründen zählt der demographische Wandel: Weil in den nächsten Jahren die Babyboomer in Rente gehen, dürfte sich der Fach- und Arbeitskräftemangel deutlich verschärfen.
Ein weiterer struktureller Faktor ist die Energie: Zwar hat die Energiekrise keine Mangellagen provoziert, und die Preise sind wieder gesunken. Aber Deutschland dürfte auf längere Sicht höhere Energiepreise haben als zum Beispiel die USA. Es fehlt nicht nur an Wind und Sonne, auch die vermurkste Energiewende trägt dazu bei. Frühere Regierungen haben den gleichzeitigen Ausstieg aus Kohlestrom und Atomkraft beschlossen, ohne einen ausreichenden Ausbau der Erneuerbaren, der Stromleitungen und der als Brückentechnologie nötigen Gaskraftwerke einzuleiten; die „Ampel“ hat die Ausstiege im Wesentlichen bestätigt und kommt beim Ausbau erst (sehr) langsam in Fahrt.
„Einiges ist weg für immer"
Das spürt allen voran die Chemieindustrie, die (noch) viel Erdgas als Energieträger und Rohstoff benötigt. BASF, der weltgrößte Chemiekonzern, ist ein Paradebeispiel für die strukturellen Verwerfungen. Vor einigen Wochen hat Konzernchef Martin Brudermüller auf seiner Bilanzpressekonferenz einen weiteren Personalabbau und die Schließung weiterer Anlagen im Stammwerk Ludwigshafen angekündigt, um dieses wieder profitabel zu machen. Gleichzeitig investiert er Milliarden in ein Verbundprojekt in China.
Brudermüller begründet diese Scherenbewegung mit der schwachen Nachfrage im Heimmarkt und dem Gewicht des chinesischen Marktes, aber auch mit strukturellen Veränderungen: „Wir müssen uns davon verabschieden in Deutschland, daß die guten alten Zeiten zurückkommen. Da sind einige Dinge einfach weg für immer.“
Seit längerem verweist der BASF-Chef auf hohe Kosten nicht nur für Energie, sondern auch für andere Produktionsfaktoren. Zudem kritisiert er Überregulierung und langsame Genehmigungsverfahren. Gleichwohl werde Ludwigshafen der weltweit größte Standort von BASF bleiben, betont er aber.
Handeln statt jammern
Was ist zu tun? Was in Deutschland derzeit geschieht, ist eher ein durch Demograhie, Digitalisierung und Dekarbonisierung ausgelöster und durch die Energiekrise beschleunigter Strukturwandel denn eine flächendeckende Deindustrialisierung.
Wenig erfolgversprechend ist in dieser Lage der deutsche Hang, einzelne Unternehmen und Branchen, von Halbleiterfabriken bis zur Solarindustrie, mit Subventionen ins Land zu locken oder hier zu halten. Dies mag den Strukturwandel verzögern, aufhalten kann es ihn nicht. Man sollte auch gar nicht versuchen, ihn aufzuhalten: Werden Aktivitäten ins Ausland verlagert oder eingestellt, bei denen Deutschland Standortvorteile verliert, werden Kapazitäten frei für neue, zukunftsträchtigere Tätigkeiten.
Entscheidend für den deutschen Wohlstand ist nicht, ob BASF die energieintensive Ammoniakproduktion an Standorte mit billigerer Energie verlagert oder Miele seine Waschmaschinen künftig in Polen montiert. Entscheidend ist, ob „alte“ Konzerne mit solchen Anpassungen ihr langfristiges Überleben sichern und die Wertschöpfung in Deutschland halten können. Und noch wichtiger ist, ob es der Industrie gelingt, in neuen Bereichen wie der künstlichen Intelligenz vorne mitzumischen. Hierzu braucht es Startups wie Aleph Alpha ebenso wie Innovationen in Konzernen von Bosch bis Siemens.
Endlich mal die Rahmenbedingungen verbessern, und zwar presto!
Das kann der Staat weder herbeiregulieren noch herbeisubventionieren. Helfen kann er gleichwohl. Am besten durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für alle Unternehmen – und zwar schnellstmöglich. Die Stichworte sind so altbekannt, daß man sie kaum zu wiederholen wagt:
• Bürokratieabbau
• schnellere Genehmigungsverfahren
• moderate Steuerbelastung
• Investitionen in Infrastruktur und Bildung
• höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren
• Zuwanderung von Fachkräften
• Erhöhung des Energieangebots und Ausbau der Energienetze
Davon reden auch „Ampel“-Politiker. Doch statt rasch ein Paket mit ersten beherzten Maßnahmen zu schnüren, streiten der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck und der liberale Finanzminister Christian Lindner öffentlich über den richtigen Weg. Einig sind sie sich nur in der düsteren Beschreibung der Lage. Damit schüren sie Unsicherheit, was zur Aufschiebung von Unternehmensinvestitionen beiträgt – und damit zu einer weiteren Verschlechterung.
Handeln statt jammern tut Not, in der Industrie wie in der Politik, will Deutschland das Gespenst der Deindustrialisierung bannen. Stattdessen überwiegen Furcht und Klagen. Doch zu Tode gefürchtet ist auch gestorben.
„ES IST ZEIT, ZU MACHEN!“
Im deutschen Handwerk kaum besser
Zum Beginn der Handwerksmesse schlug der Branchenverband Alarm: Ein konjunktureller Aufschwung sei nicht in Sicht, die Politik müsse handeln. Aber wie ist die Lage im Handwerk tatsächlich, wo 38 Prozent abnehmende Auftragspolster erwarten?
Im vergangenen Jahr wurden 20.000 Lehrstellen im Handwerk nicht besetzt.
Der Fachkräftemangel in der Branche läßt viele Betriebe umdenken. Ein gefragtes und kaum kontrovers diskutiertes Thema auf der kürzlich abgelaufenen Handwerksmesse.
Klappern gehört zum Handwerk, heißt es. Doch wie schlecht geht es den Betrieben in Deutschland tatsächlich? Bis man einen Handwerker bekommt, dauert es in der Regel immer noch Wochen. Und sollte man gar vorher einen Angebotsvergleich machen, staunt man häufig über die gesalzenen Preise.
Ja, gibt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), zu, noch sei es so, daß die Lage besser sei als die Stimmung. Aber das ändere sich gerade. Schwannecke verweist auf die jüngste Umfrage seines Verbandes:
Zu viele Betriebe erwarten deutlich rückläufige Umsätze, stark abnehmende Auftragspolster und eine sinkende Beschäftigungszahl.
Allein 38 Prozent der Befragten gehen bis zum Sommer von einem deutlich abnehmenden Auftragspolster aus. Gleichzeitig erwarten aber 16 Prozent, daß sie im Sommer mehr Aufträge als jetzt in der Pipeline haben werden. Ein Gegensatz, der vor allem eines deutlich macht: Handwerk ist nicht gleich Handwerk.
Wachstum „dramatisch schlecht“: Habeck warnt
Etwa 5,4 Millionen Menschen arbeiten insgesamt im Sektor Handwerk – fast siebenmal so viele wie in der Automobilindustrie – doch verstreut über mehr als eine halbe Million Klein- und Kleinstbetriebe. Da gibt es bereits jetzt Firmen, die ihre Mitarbeiter zum Aufräumen ins Lager schicken, weil es sonst nichts zu tun gibt. Gleichzeitig brummt es in anderen Gewerken. So fehlen beispielsweise rund 14.000 Heizungsbauer oder fast 18.000 Bauelektriker.
Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks Jörg Dittrich warnt vor einem "Crash" in seiner Branche. „Fakt ist: Die Auftragsbücher laufen gerade leer", sagt Dittrich bei Maybrit Illner (28.09.2023).
Es braucht also Lösungen, mit denen man dieser Entwicklung gegensteuern kann. Mit „Handwerk Connected" hat ein junges Start-up eine Plattform entwickelt, auf der Betriebe eigene Kapazitäten anbieten und andere Firmen dort fremde Mitarbeiter ausleihen können. Mehr als 3.000 Firmen haben sich bereits angemeldet, sagen die beiden Gründerinnen.
Schwannecke sieht in der Unwucht am Arbeitsmarkt eher ein Problem für die Betriebe. Wer jetzt wie am Bau Beschäftigte abgeben müsse, dem fehlen die Mitarbeiter unter Umständen, wenn die Konjunktur wieder anspringt. Für die Beschäftigten selbst würde das keine grundsätzliche Gefahr bedeuten:
Der Fachkräftebedarf im Handwerk ist so hoch, daß sich gut ausgebildete Handwerkerinnen und Handwerker keine Sorgen um ihre berufliche Perspektive machen müssen.
Betriebe beklagen hohe Steuern und Bürokratie: „Höchste Zeit, etwas zu machen!“
Trotz sehr unterschiedlicher Ausgangslagen ist dem Generalsekretär des Handwerksverbandes eines wichtig zu betonen. Es gäbe eine ganze Reihe von Belastungen, die fast alle Handwerksbetriebe stören würden. Ganz oben auf der Liste die hohe Steuer- und Abgabenlast, die laut der aktuellen Umfrage des Verbandes 68 Prozent der Befragten als Konjunkturbremse empfinden, gefolgt von den zu erfüllenden Dokumentations- und Nachweispflichten (52 Prozent).
Die Kosten für die Betriebe müßten verringert werden, fordert Schwannecke: „Neben den international nicht mehr wettbewerbsfähigen Steuersätzen gehören dazu auch die hohen Sozialabgaben auf den Prüfstand, die sowohl Betriebe wie auch die Beschäftigten finanziell belasten.“ Den Faktor Arbeit gilt es nachhaltig zu entlasten.
Und nicht nur den, auch die Betriebsinhaberinnen und -Inhaber. Bei ihnen würden überwiegend die Nachweispflichten liegen. „Im Unterschied zu vielen großen Konzernen“, so der Generalsekretär weiter, „können sie sich eigene Abteilungen nur zur Bewältigung der Bürokratie schlicht nicht leisten.“
Es gehe um die Wettbewerbsfähigkeit. „Und dafür geht es nicht um kleine homöopathische Schritte oder parteipolitische Vorlieben, sondern um das große Ganze.“ Und selbstbewußt ergänzt er: „Es ist Zeit, zu machen!“
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Staatsknete (fast) nur „gegen rechts“? Ja klar!
Von Peter Helmes
Kampf „gegen rechts“: 200 Millionen Euro Steuergeld im Jahr für Initiativen für „Vielfalt, Toleranz und Demokratie“, also „gegen rechts“
Zwei deutsche Ministerinnen wollen mit aller Macht ihr „Demokratiefördergesetz“ durchsetzen. Sozialdemokraten und Grüne haben ein Gesetz entworfen, mit dem sich viel Steuergeld an politisch genehme NGO verteilen lassen soll. Doch der Plan könnte verfassungswidrig sein.
Die sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser marschiert ganz vorn im deutschen „Kampf gegen rechts“. Ein neues „Demokratiefördergesetz“ soll mit rund 200 Millionen Euro Steuergeld im Jahr Initiativen finanzieren, die sich für „Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ einsetzen.
Denen, die Demokratie lebendig machten, müsse der Rücken gestärkt werden, sagt die Ministerin: Das seien „unzählige gesellschaftliche Initiativen“. Um diese „dauerhaft und verläßlich“ zu fördern, wirbt Faeser dafür, das Demokratiefördergesetz nun endlich zu beschließen. Bis jetzt blockiert das die FDP.
Die Federführung für den Gesetzentwurf liegt allerdings nicht bei Faeser, sondern bei der grünen Familienministerin Lisa Paus. Im Deutschen Bundestag fand im März 2023 eine erste Lesung des Entwurfs statt. Dennoch streiten die Ampelkoalitionspartner weiter darüber, wie die finale Fassung des Gesetzes aussehen könnte. Sie streiten zu Recht; denn inzwischen gibt es ernsthafte Zweifel daran, ob ein solches Gesetz überhaupt verfassungsgemäß ist.
„Gender-Apartheid“ in Afghanistan
Seit 2015 bündelt das Bundesfamilienministerium, damals geleitet von der Sozialdemokratin Manuela Schwesig, verschiedene Projekte zur Extremismusprävention und zur „Stärkung der Zivilgesellschaft“, die zuvor aus unterschiedlichen Töpfen finanziert wurden, in einem Programm mit dem Titel „Demokratie leben!“.
Die Projektliste umfaßt heute rund 600 Träger, die Zahl der von ihnen organisierten Maßnahmen wurde vom Familienministerium bereits vor vier Jahren in einer Presseerklärung mit 5000 angegeben; es dürften inzwischen mehr geworden sein. Über die Jahre sind die Bundesmittel dafür stark angestiegen: Erhielt „Demokratie leben!“ 2015 erst 40 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt, so waren es 2022 bereits 165 Millionen. Für 2024 sind 182 Millionen eingeplant.
Bei 350 der 600 Träger – im Verwaltungsjargon „Zuwendungsempfänger“ – handelt es sich um sogenannte „Partnerschaften für Demokratie“: „Partnerschaft für Demokratie der Stadt Nürnberg“, „Partnerschaft für Demokratie der Stadt Pfungstedt“, „Partnerschaft für Demokratie der Stadt Alsfeld“ und so weiter.
Auf den Websites dieser Partnerschaften entdeckt man Hinweise auf die unterschiedlichsten Aktivitäten – nicht alle haben mit der Bekämpfung von Rechtsextremismus zu tun. In der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel etwa fand vor kurzem eine Veranstaltung zur „Gender-Apartheid in Afghanistan“ statt. In Kassel gab es im vergangenen Sommer ein „Queer-Spektakel“ für Kinder und junge Menschen, auf dem die Teilnehmer unter Anleitung des „Queer-Referats“ der Stadt Stofftaschen, Buttons und Sticker gestalten konnten. In Aachen feiert die „Partnerschaft“ die aktuellen „Demos gegen rechts“ mit Fotostrecken.
CSU-Politiker unerwünscht
Man darf vermuten, daß die steuerfinanzierten Demokratiebündnisse in vielen Städten mit zu diesen Demonstrationen aufrufen. Das wird allerdings spätestens dann problematisch, wenn die Veranstalter entweder gar keine Parteienvertreter auftreten lassen wollen, oder wenn sie, wie etwa in München, die Beteiligung von CDU- oder CSU-Politikern ablehnen.
Der Eindruck, daß im Programm „Demokratie leben!“ vor allem Initiativen aus dem rot-grünen Milieu gefördert werden, verdichtet sich, wenn man in die Liste der Zuwendungsempfänger schaut. Neben den örtlichen Partnerschaften werden dort etwa Aktionen „für Zivilcourage“ und „gegen Verschwörungstheorien“ finanziert. Im Angebot sind „digitales Training zur Rechtsextremismusprävention“ und „intersektionale Jugendarbeit“. Es gibt „Kompetenznetzwerke“ gegen jeden nur denkbaren Diskriminierungstatbestand. Nach erkennbar konservativen Trägern sucht man hingegen vergeblich.
Zu den großen Zuwendungsempfängern gehören auch jene Institutionen, die die Wirksamkeit des Programms „Demokratie leben!“ auswerten sollen, darunter das Deutsche Jugendinstitut. Und eine Auswertung scheint tatsächlich nötig; denn auf den ersten Blick ist es ein Widerspruch, daß der Staat seit 2015 so viel Geld in die zivilgesellschaftliche Arbeit „gegen rechts“ investiert – und daß gleichzeitig die in Teilen rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) immer bessere Wahl- und Umfrageergebnisse einfährt. Nützen die Projekte also gar nichts?
Die Ziele sind unklar
Auf die Frage, ob und gegebenenfalls warum offenbar nur linke Projekte gefördert werden, antworten Politikwissenschaftler gern, es seien nun einmal vor allem die kritischen Menschen, die sich zivilgesellschaftlich engagierten. Und die lokalen Demokratie-Partnerschaften erläutern diesen kritischen Menschen dann liebevoll, wie sie an das Steuergeld kommen, das ihr Engagement bezahlt. Auf vielen Homepages steht die Anleitung für Förderanträge im Zentrum.
Allein beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Anliegen, einer dem Familienministerium nachgeordneten Behörde, sind nach einem Bericht des Bundesrechnungshofes vom November 2022 hundert Mitarbeiter damit beschäftigt, die Zuwendungsbescheide zu bearbeiten. Vielfach erhielten die Träger zu hohe Mittelzuweisungen, heißt es da. Und in mehr als einem Drittel der Fälle erbrächten sie die Verwendungsnachweise für das Geld zu spät, ohne daß das Folgen für sie habe.
Der Rechnungshof geht mit dem Programm „Demokratie leben!“ ohnehin sehr hart ins Gericht.
Seine zwei Haupteinwände lauten: Erstens seien die Ziele des Programms unklar. Eine „sachgerechte Zielerreichungskontrolle“ sei so nicht möglich. Und zweitens fehle die „Förderkompetenz“ des Bundes. Die wäre nur gegeben, wenn alle geförderten Maßnahmen von überregionaler Bedeutung wären. In diesem zweiten Kritikpunkt steckt Sprengkraft.
Ein verfassungswidriger Eingriff in die Länderhoheit?
In einem aktuellen Gutachten kommt auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages zu dem Schluß, daß der Bundesgesetzgeber keine Befugnis zur gesetzlichen Regelung habe, wenn Demokratieförderung auch auf Landesebene betrieben werden könne. Das Familienministerium bemüht sich zwar sehr, eine „gesamtstaatliche Verantwortung“ und die „überregionale Bedeutung“ seiner Fördermaßnahmen herauszustellen. Doch z.B. eine lokale „Partnerschaft für Demokratie in der Stadt Böblingen“ wird naturgemäß vor allem in Böblingen wirksam.
Der stellvertretende Bundestagspräsident und Parteivize der FDP Wolfgang Kubicki kritisiert den Gesetzentwurf aus diesem Grund scharf: „Wie der Bundesrechnungshof und der Wissenschaftliche Dienst richtig erkannt haben, fehlt dem Bund für das vorliegende Gesetz die Kompetenz. Er würde mit dem Gesetz unzulässig und verfassungswidrig in die Länderhoheit eingreifen.“
Die Ministerinnen Paus und Faeser erklärten zwar stets wortreich, daß sie die Demokratie schützen wollten, sagt der Jurist Kubicki: „Tatsächlich setzen sie sich aber auf zweifelhafte Weise über unsere Verfassung hinweg.“ Auch der vermeintlich gute Wille könne am Ende großen Schaden anrichten.
Intransparentes Geflecht von Aktivisten
Die liberale Innen- und Rechtspolitikerin Linda Teuteberg hat den Gesetzentwurf von Anfang an scharf kritisiert: Sie bemängelt unter anderem, daß von den geförderten Organisationen kein eindeutiges Bekenntnis zum Grundgesetz verlangt werde. Und sie befürchtet eine Unterminierung des Parlamentarismus durch ein intransparentes Geflecht von aktivistischen Gruppierungen, die letztlich Lobbyarbeit machten.
Justizminister Marco Buschmann, ebenfalls FDP, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, er sei dagegen, daß man „eine genehme Öffentlichkeit mit staatlichem Geld herstellen möchte“.
Der Einwand, das gesamte Demokratiefördergesetz sei wegen Nichtzuständigkeit des Bundes verfassungswidrig, wiegt juristisch gewiß am schwersten. Doch es gibt zusätzliche politische Kritikpunkte gegen das rot-grüne Vorhaben.
Die CDU-Bundestagsabgeordneten Silvia Breher und Christoph de Vries haben sie in einem Brief an die Unionsfraktion formuliert. Sie beklagen, daß bei der Kinder- und Jugendhilfe, bei Wohlfahrtsverbänden, bei Freiwilligendiensten oder der Bundeszentrale für politische Bildung „finanzielle Mittel in erheblichem Umfang“ gestrichen würden – „also genau bei den Programmen, die sich bereits aktiv vor Ort für unsere Demokratie und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen“.
Steuergeld für radikale Islam-Vereine
Zudem müsse sichergestellt werden, daß alle aus „Demokratie leben!“ geförderten Organisationen tatsächlich die Grundwerte der deutschen Demokratie akzeptierten. „Derzeit erleben wir zum Beispiel, daß Vereine unterstützt werden, die aufgrund ihrer Nähe zum radikalen Islam vom Verfassungsschutz beobachtet werden“, sagt de Vries. Gleiches gelte für Organisationen mit linksextremistischen Tendenzen. Nicht alle Feinde des Rechtsextremismus seien automatisch Freunde der Demokratie.
Ein Bekenntnis zum Grundgesetz wird im Gesetzentwurf der „Ampel“, wie gesagt, ebenso wenig gefordert wie eine nachgewiesene Gemeinnützigkeit. „Das ist gerade aus Sicht der politischen Stiftungen schwer zu verstehen“, sagt Rolf Halfmann, Justiziar der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. „Im jüngst verabschiedeten Stiftungsfinanzierungsgesetz des Bundes wird von uns sogar ein ‹aktives Eintreten› für die freiheitlich-demokratische Grundordnung verlangt.“ Es sei nicht nachvollziehbar, warum diese Anforderung nicht auch an „irgendwelche NGO überall im Lande“ gestellt werde.
Der Traum vom „Zusammenland“
Thomas Krüger, der langjährige sozialdemokratische Direktor der Bundeszentrale für politische Bildung, will sich lieber nicht öffentlich zum Konkurrenzprogramm „Demokratie leben!“ äußern. Er dürfte froh sein, die schlimmsten Etatkürzungen, die für seine Behörde geplant waren, abgewehrt zu haben.
Dabei gibt es durchaus Dinge, die Krüger sagen könnte: zum Beispiel, daß sich politische Bildung im Idealfall an wissenschaftlichen Standards orientiert. Daß sie Kontroversen und Interessengegensätze sichtbar macht – während der Aktivismus von “Demokratie leben!“ einen wohligen Konsens beschwört, der sich auf die kitschige Formel „Zusammenland“ bringen läßt.
Bei allen, die diesen Konsens nicht in jedem Punkt teilen, muß die einseitige Agitation „gegen rechts“ Verdrossenheit auslösen. Es bleibt zu hoffen, daß sich die FDP dem vermutlich ohnehin verfassungswidrigen Verdrossenheitsfördergesetz weiterhin entgegenstellt.
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Klimastreiktag – Wie politisch darf Streik sein?
Von Peter Helmes
Die Gewerkschaft Verdi und Fridays for Future streiken gemeinsam – für das Klima. Ob es sich um einen politischen Streik handelt, und ob dieser in Deutschland legitim ist, ist unter Juristen umstritten.
„Klima schützen heißt die Streikenden unterstützen – gemeinsam für die Verkehrswende“ steht auf einem Transparent, das Verdi-Demonstranten in Berlin hochhalten.
Klimaschutz und Streik für bessere Arbeitsbedingungen im öffentlichen Nahverkehr gehören für Verdi und „Fridays for Future“ offenbar zusammen. Sie fordern, den ÖPNV in Deutschland auszubauen.
Bundesweit – außer in Bayern und im Saarland – streiken die Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr. Gefordert wird unter anderem eine 35-Stunden-Woche. Für den Hauptstreiktag am 1. März hatten die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Fridays for Future und weitere Sozial- und Umweltverbände in mehr als 100 Städten zum Klimastreiktag aufgerufen. Sie forderten unter anderem, den öffentlichen Personennahverkehr auszubauen.
Bereits im März 2023 fanden Warnstreiks im öffentlichen Dienst und Klimaproteste gemeinsam statt. Verdi sieht in ihrem Arbeitskampf und dem Einsatz fürs Klima keinen Widerspruch, sondern einen Zusammenhang: „Der ÖPNV ist das Herzstück der klimafreundlichen und sozial gerechten Mobilitätswende“, heißt es in einer Mitteilung. „Die Beschäftigten des Nahverkehrs befördern täglich 28 Millionen Fahrgäste und vermeiden dadurch 9,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr.“
Die Bundestagsabgeordnete und Juristin Gitta Connemann (CDU) hält die gemeinsamen Proteste der ÖPNV-Beschäftigten und Fridays for Future für einen politischen Streik und damit für unzulässig. Nicht der Arbeitgeber, sondern der Gesetzgeber solle zum Handeln gezwungen werden.
Es gehe bei dem gemeinsamen Protest nicht ums Klima, sondern bloß auf der einen Seite um Geld und auf der anderen um Aufmerksamkeit. Der Streik richte sich nicht gegen Arbeitgeber, sondern gegen Millionen Unbeteiligte, die in Mithaftung genommen würden.
„Streik ist ein legitimes Mittel, um in einem Arbeitskampf Forderung durchzusetzen“, sagt Connemann. „Aber wenn gestreikt wird, um am Ende Politik zu zwingen, etwas zu tun, dann Gnade uns Gott.“ In dieser kritischen Infrastruktur sollte Streik nicht erstes, sondern letztes Mittel sein. Connemann fordert, bei kritischer Infrastruktur Schlichtungsverfahren vorzuschreiben, wie in anderen europäischen Ländern.
Sind politische Streiks in Deutschland legal?
In Deutschland darf nur gestreikt werden, um Tarifverträge zu einem Abschluß zu bringen. Grundlage für dieses Streikrecht bildet die im Grundgesetz formulierte Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3). Politische Streiks sind allerdings gesetzlich nicht ausdrücklich verboten. Dennoch halten ihn viele Juristen für nicht zulässig: Das ist laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages die herrschende Meinung. Hintergrund ist ein Urteil des Freiburger Landesarbeitsgerichts von 1952, das vielfach als Verbot von politischen Streiks interpretiert wurde.
Einige Gewerkschaften haben in der Vergangenheit immer wieder die Legalisierung politischer Streiks gefordert und die Grenzen der Rechtsprechung getestet. So rief die IG Metall 2007 zu „Protesten während der Arbeitszeit“ gegen die Rente mit 67 auf. In anderen Ländern gilt die Nutzung des Streikrechts auch explizit für außertarifliche Anliegen.
Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) haben versucht, den laufenden Streik in Leipzig mit einer einstweiligen Verfügung gerichtlich zu untersagen. Das Arbeitsgericht entschied jedoch am 29. Februar im Sinne der Streikenden. Der angekündigte Streik sei „kein politischer Streik“, so die Richterin, „obgleich eine Verbindung dennoch zu erkennen ist“. Die Streikenden müßten lediglich mit 30 Personen einen technischen Notdienst gewährleisten.
Auf finale Klärung der Rechtsposition darf also weiterhin gewartet werden.
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US-Präsident Joe Biden –
Brillante Rede zur Lage der Nation
Von Peter Helmes
Noch acht Monate Zeit zum Kämpfen
Bei US-Präsident Bidens Rede zum „State of the Union“ sah und hörte man einen alten Kämpfer. Da war ein Präsident, der die USA gegen Angriffe von innen und außen schützen will. Sein Bild vom Kampf um die Seele Amerikas ist nicht neu, aber genau darum geht es, so pathetisch das klingen mag: um die Frage, ob die USA ein demokratischer Rechtsstaat und ein verlässlicher Verbündeter bleiben.
Dieser entschlossene Biden war nie weg, er hatte die drohende Gefahr immer wieder benannt. Nur zu sanft und zu selten. Zuletzt sah es manchmal so aus, als sei Trump kaum mehr zu verhindern mit seiner Wucht, frei von jeglichen Skrupeln. Doch Trump ist zu verhindern. Joe Biden hat jetzt acht Monate lang die Gelegenheit, sein Amerika zu pflegen und vor Trumps Amerika zu warnen. Er muß seinen Kontrahenten nicht mal beim Namen nennen.
Bidens Demokraten hofften, daß der Präsident die Sache unfallfrei hinter sich bringt. Die Republikaner wiederum freuten sich schon über mögliche neue Stolpereien Bidens. Biden aber leistete sich keine nennenswerte Panne. Er reagierte pointiert auf Zwischenrufe. Und statt defensiv zu bleiben, ging er mit ungeahnter Wucht zum Angriff über – und hielt die beste Rede seines Lebens. Dieser Präsident hat noch einiges vor.
Angesichts des Rückstands gegenüber seinem republikanischen Rivalen Donald Trump mußte Biden Zweifel an seiner geistigen und physischen Eignung für das höchste Amt im Lande ausräumen. Das dürfte ihm an dem bisher wichtigsten Abend des US-Wahlkampfs gelungen sein. Der Präsident blies nicht nur zum Angriff gegen Trump, auch deckte er alle relevanten Themen ab. Biden hat einen Etappensieg verbucht, der den Präsidenten und die Demokraten zuversichtlich stimmen sollte.
Allerdings, im Gegensatz zu einem Lautsprecher wie Trump, ist er ein schlechter Redner. Seine peinlichen Versprecher und Gedächtnislücken sorgen regelmäßig für Hohn und Spott bei seinen Gegnern. Immerhin: Bei der traditionellen Rede zur Lage der Nation vor beiden Parlamentskammern hat sich der Demokrat streitlustig, temperamentvoll und munter gezeigt.
Das dürfte allerdings nur eine Momentaufnahme sein. Denn freies Sprechen meidet der US-Präsident, wann immer es möglich ist. Doch wenn er wiedergewählt werden will, muß er vor Ort Wahlkampf machen. Ob Biden diese strapaziösen Auftritte in der Öffentlichkeit – die ihm vor vier Jahren aufgrund der Corona-Pandemie erspart blieben – meistern kann, ist fraglich.
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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
das mag für heute genügen.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Nächsten einen schönen Vorfrühling, zudem den Schutz Gottes und, wie stets an dieser Stelle, uns allen eine bessere Politik.
Mit herzlichen Grüßen und bestem Dank für Ihre Treue,
Ihr
Peter Helmes
Hamburg, 15. März 2024