Konservative Kommentare August 2022
Eine Manie, diagnostizierten die einen, weil Michail Gorbatschow zu Beginn seiner Amtszeit als „Erlöserfigur“, wahrgenommen wurde und im Westen bis heute für sein Lebenswerk geehrt wird. Eine Phobie nannten es die anderen vor allem in seiner Heimat Russland, wo er für den Untergang der Sowjetunion verantwortlich gemacht wurde und wird.
Mit „Gorbi, Gorbi!“-Rufen begrüßten die Ost-Berliner im Oktober 1989 den damaligen Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow. Von seiner Reformpolitik erhofften sich die Bürger der DDR und anderer Staaten des Ostblocks mehr Freiheit und Demokratie. Der Fall der Mauer einige Monate später ist untrennbar mit dem Namen Michail Gorbatschow verbunden. 1990 erhält er für sein Engagement den Friedensnobelpreis. Held für die einen, Sündenbock für die anderen.
Während viele Medien in Deutschland und den USA Gorbatschows Politik der Perestroika und Glasnost – also Umgestaltung und Offenheit – würdigen, gehen russische Medien scharf mit ihm ins Gericht. Dort gilt Gorbatschow weiterhin als Sündenbock. Die staatliche Nachrichtenagentur „RIA Novosti“ nennt den Verstorbenen in einer Meldung gar das „Objekt eines intensiven Hasses eines großen Teils seiner Mitbürger“, weil er die Sowjetunion zerstört habe und „für den Albtraum der 1990er Jahre“ verantwortlich gemacht werde.
So erinnert die Nowaja Gaseta online an ihren Mit-Eigentümer Gorbatschow: „Er hat dem Land und der Welt ein unglaubliches Geschenk gemacht – er hat uns dreißig Jahre Frieden beschert – ohne die Gefahr eines globalen und nuklearen Krieges. Sie kommt aber gleichzeitig zu dem Schluß: „Das Geschenk ist vorbei. Das Geschenk ist weg. Und es wird keine Geschenke mehr geben.“ (Die Nowaja Gaseta mußte in Russland ihr Erscheinen einstellen und publiziert mittlerweile aus dem Exil.)
„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben…“
Einen solchen Satz hat Gorbatschow wörtlich nie gesagt, aber der Sinn entsprach seiner Haltung. Es war ein langes Statement. Aber an die genauen Worte erinnerte sich, wie so oft beim Fernsehen, nachher niemand mehr. Die Szene an sich war die Botschaft. Ungefähr 30 Millionen Zuschauer sahen die Sternstunde am Abend in der Tagesschau. Am Tag danach, am 7. Oktober, passierte alles zur gleichen Zeit...
Da stand plötzlich in allen Medien dieser Satz: ‚Wer zu spät kommt...‘. Daraus wurde ein Schlüsselwort zur deutschen Einheit – der Anfang vom Ende der DDR.
Der wahre Autor dieses Zitats war wahrscheinlich Gorbatschows Pressesprecher Gerassimov. Der nämlich hatte einigen Journalisten zuvor noch vom angespannten Verlauf der gemeinsamen Sitzung des SED-Politbüros mit seinem hohen, aber ungeliebten Gast berichtet, der eigens zu diesem 40. Jahrestag der DDR-Gründung aus Moskau angereist war. Und dort sei sinngemäß, aber natürlich nicht-öffentlich, dieser Satz gefallen – an die Adresse von Erich Honecker samt dessen SED-Führungsriege. Die Fernsehbilder vom Vortag sowie der griffige Sinnspruch verschmolzen sogleich in eins – bis auf den heutigen Tag.
Gorbatschow schaffte es in kurzer Zeit, die zuletzt erratisch anmutende sowjetische Außenpolitik seiner direkten Vorgänger aufzulockern. Egon Bahr etwa, einer der SPD-Architekten der Ost- und Entspannungspolitik noch aus den siebziger Jahren, lobte schon im Frühsommer 1987 flexibles Denken bei Gorbatschow:
„Er betrachtet die Außenpolitik der Sowjetunion nicht mehr unter dem Prisma der Ausschließlichkeit zu den Vereinigten Staaten. Ich glaube, daß es interessante, neue Ansätze geben wird, wenn sie von Westeuropa entsprechend gefördert oder beantwortet werden.“
Egon Bahr täuschte sich nicht. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt wohl noch kaum jemand vorausahnte, welche erstaunliche Dynamik die Ost-West-Politik nun entwickeln wird, um schließlich nur zweieinhalb Jahre später die Berliner Mauer zum Einsturz zu bringen.
„Er hat erkannt, daß die Sowjetunion den Wettlauf mit dem Westen so nicht durchhalten kann. Er hat erkannt, daß der Versuch, die ökonomische Unterlegenheit militärisch zu kompensieren, sein Land ökonomisch immer weiter zurückwirft und (deshalb) vor einem Zirkel des Abgrunds steht, aus dem er heraus muß...“, meint im Rückblick der Bremer Osteuropa-Historiker Wolfgang Eichwede. Er spielt in diesem Zusammenhang auch an auf den Krieg, den die UdSSR seit Dezember 1979 in Afghanistan führt, ideologisch getarnt als proletarisch-internationalistische Bruderhilfe für eine von Moskau völlig abhängige Vasallen-Clique in Kabul. – Gorbatschow beendete 1989 schließlich diesen Stellvertreter-Krieg und zog die Sowjettruppen aus Afghanistan ab: Eine große Hypothek, um endlich substanzielle Abrüstungsgespräche mit dem Westen führen zu können, war damit abgelöst.
Perestroika und Glasnost
Während Gorbatschow im Ausland für diese Politik, für sein neues Denken zunehmend gelobt und gefeiert wurde, wollte es zuhause mit seiner Reformpolitik nicht so recht vorangehen. -Schon 1986, ein Jahr nach seinem Amtsantritt, mußte er sich der ernüchternden wirtschaftlichen und sozialen Wirklichkeit stellen, mit der das Riesenreich UdSSR inzwischen zu kämpfen hatte. Zwar sorgten anfangs die unionsweit vom Fernsehen übertragenen sogenannten Begegnungen Gorbatschows mit den Werktätigen für eine positive Resonanz. Und auch die von ihm propagierten Schlagworte perestrojka (Umbau der Wirtschaft) und glasnost (ein Synonym für allgemeine Transparenz, weitestgehende Medienfreiheit samt liberalerer Kulturpolitik) trafen zunächst auf große Begeisterung. Gorbatschow versuchte – oft begleitet von seiner Ehefrau Raissa – die Menschen zwischen Weißrussland im Westen und der pazifischen Küste in Fernost bei diversen öffentlichen Auftritten von seinen Reformplänen zu überzeugen:
„Die Probleme werden zunehmen. Wenn die Perestrojka alle Schichten der Gesellschaft erfaßt, dann wird das ein schwieriger Prozeß sein. Nicht gut wäre, wenn sich die Gesellschaft als Resultat der Perestrojka spalten würde. Die Gesellschaft sollte sich vielmehr zusammenschließen und zwar auch qualitativ! Die Hauptkontrolle bei uns wird über die Demokratie der Werktätigen erfolgen. Natürlich muß es die Parteikontrolle geben.... Die Partei muß das in die Hand nehmen – und zwar fest! Das ist ein richtiger Gedanke!“
Der Historiker Nikita Petrov von der Moskauer Menschenrechtsgesellschaft Memorial erinnert sich: Fast völlig verdrängt worden sei mittlerweile ein gar nicht hoch genug einzuschätzendes Verdienst aus der Zeit Gorbatschows:
„Ab 1986 ist niemand mehr aus politischen Gründen ins Gefängnis oder ins Lager gekommen. Das war die Initiative von Gorbatschow! Jetzt war damit Schluß! Hier beginnt eine andere Geschichte der Sowjetunion. Plötzlich wußte jeder: Egal, was du auch sagst – ´sitzen` mußt du nicht mehr dafür! Das war ein Umbruch!“
Nach knapp sieben Jahrzehnten implodierte das Gebilde UdSSR. Auch Michail Gorbatschows politische Karriere fand am ersten Weihnachtsfeiertag 1991 ihr abruptes, aber friedliches Ende. Äußerlich gefaßt saß er zum letzten Mal hinter seinem Schreibtisch im Moskauer Kreml:
„Liebe Landsleute, Mitbürger!", faßt er sich kurz. „Unter dem Druck der augenblicklichen Situation beende ich meine Tätigkeit auf dem Posten des Staatspräsidenten der UdSSR.“
Was in diesem Augenblick aber tatsächlich in ihm vorging, wird er erst viele Jahre später erzählen: „Die rote Fahne, so heißt es, haben sie noch während meiner Fernsehansprache vom Kreml heruntergeholt, konnten gar nicht schnell genug aufs Dach kommen.... Schade, daß keiner von denen heruntergefallen ist. Schade, Herrgott nochmal!“
Gemeint war damit in erster Linie sein Rivale Boris Jelzin, der zwar einige Monate zuvor erfolgreich den Anti-Gorbatschow-Putsch beendet hatte, ihn danach aber zielstrebig zu entmachten begann. Am Ende mit Erfolg, so Wolfgang Eichwede, denn Gorbatschow habe sich nicht vorstellen können, „... daß sich Russland gegen die Sowjetunion wendet. Von mir aus: Die Esten schon irgendwie, oder die Armenier... Aber, daß sich das Bollwerk der Sowjetunion gegen ihn und die Sowjetunion wenden konnte, in der persönlichen Konstellation ´Jelzin – Gorbatschow‘, das hat er einfach nicht auf seinem Schirm gehabt. Im Übrigen: Wir auch nicht!“
„Unsere Gesellschaft erhielt ihre Freiheit, hat sich politisch und geistig aus ihrem Sklavendasein befreit – und das ist die allerwichtigste Errungenschaft, die uns immer noch nicht bis zu ihrer tiefsten Tiefe bewußt ist, weil wir nicht gelernt haben, die Freiheit zu nutzen. Aber dennoch ist das bisher Erreichte bereits von historischer Bedeutung: Das totalitäre System ist liquidiert, das unserem Land bislang die Möglichkeit vorenthalten hat, schon längst glücklich und blühend zu sein. Der Durchbruch zu demokratischen Veränderungen ist erfolgt. Freie Wahlen sind ebenso Wirklichkeit geworden wie Presse- und Religionsfreiheit, es herrscht Parteienvielfalt. Die Menschenrechte sind als oberstes Prinzip anerkannt!“
Diese Passage aus Gorbatschows Abschiedsansprache am 25. Dezember 1991 illustriert den sympathischen aber letztlich realitätsfernen, idealistischen Ansatz dieses Politikers, der immerhin knapp 30 Jahre lang die Ochsentour eines KP-Apparatschiks durchlaufen mußte, bis er sich – als Mitglied wechselnder Seilschaften und Fraktionen – zur Spitze der KPdSU durchboxte. Machtbewußt zu taktieren war ihm nicht fremd. Zugleich jedoch wurde deutlich, daß Gorbatschows politisches Analysevermögen begrenzt gewesen ist. Er hat nicht erkannt, daß im Staat und in weiten Teilen der russischen Gesellschaft jene Denk- und Verhaltensmuster nur zeitweilig auf Tauchstation gegangen sind, die sich aus reaktionären, repressiven und totalitären sowjetischen Traditionen speisen.
Und bitter für Gorbatschow: Für viele seiner russischen Landsleute bleibt er zeitlebens als Person wie Politiker in negativer Erinnerung. Die Kreml-Mannschaft unter seinem Nachfolger Putin bildet dabei sogar die Anti-Gorbatschow-Speerspitze, weiß der Moskauer Meinungsforscher Lew Gudkov:
„Er reizt die Putin-Mannschaft. Putins Umgebung ist Gorbatschow gegenüber negativ eingestellt. Kein Wunder bei der imperialen Grundhaltung dieser Leute mit ihrer äußerst ausgeprägten Sehnsucht nach der Sowjetunion, nach den sowjetischen Zeiten. Schon deshalb ist er für sie der Sündenbock, der für alles herhalten muß.“
Doch keineswegs alle Menschen in Russland denken so. Arsenij Roginskij von der Moskauer Menschenrechtsorganisation Memorial plädiert für eine selbstkritische Sicht auf das Leben und Wirken des südrussischen Bauernsohnes Gorbatschow, den Vater von glasnost und perestrojka, den wichtigen Wegbereiter der deutschen Einheit 1989/90:
„Wir waren endlos naiv, als wir von ihm dieses und dann noch jenes gefordert haben. Aber, mein Gott, alles in allem haben wir mit Gorbatschow insgesamt doch Glück gehabt. Und daß es ihn gegeben hat.“
Gorbatschows bleibende historische Bedeutung, so Wolfgang Eichwede, bestehe in der Einsicht: „Daß, als er gesehen hat, daß die Geschichte über ihn weggeht, er sich nicht militärisch dagegengestellt hat. Also Gorbatschow ist – auf einen Satz gebracht – groß, durch das, was er probiert hat, und groß durch das, was er unterlassen hat.“
Es ist interessant, so sehr „Gorbi“ im Westen geliebt wurde, wie man ihn dort liebevoll nennt, so sehr wurde er auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gehaßt. Allerdings kann man Gorbatschow nicht allein für den Zusammenbruch der UdSSR verantwortlich machen. Fakt ist, daß dieser Staat keine Unterstützung mehr in der Gesellschaft hatte. Die UdSSR war ein seltsamer, sinnloser, dummer Staat. Angeblich gehörte alles dem Volk, aber niemand hatte etwas. Damals wartete man zehn Jahre lang darauf, ein Auto zu kaufen. Millionen verrotteten in Slums. Man sehnte sich nach etwas Komfort wie einem Badezimmer. Wer studieren wollte, mußte schmieren. Als die UdSSR zusammenbrach, wollten es alle. Und niemand trat hervor und verteidigte sie. Es braucht immer einen Sündenbock für historische Prozesse. Und Gorbatschow war der Sündenbock für uns Sowjetmenschen.
Es war eine überraschende Erleichterung, als Michail Gorbatschow 1985 Generalsekretär der KPdSU wurde. Die Welt stand damals am Rande des nuklearen Abgrunds, und der erst 54-jährige Politiker hatte erkannt, daß der Verfall dem eigenen Land und nicht dem Westen drohte. Er beschloß, die Sowjetunion zu reformieren, nach außen zu öffnen und sich für den Frieden einsetzen. Heute ist Russland unter Putin wieder ein autoritäres Land und ähnelt stark dem System, wie Gorbatschow es erlebt hatte.
Aber es war Gorbatschow, der den Kalten Krieg beendet, politische Häftlinge freigelassen, das Machtmonopol der kommunistischen Partei gebrochen und eine Debatte über die Verbrechen des Kommunismus eingeleitet hatte. Dafür steht die Welt in seiner Schuld. Die Verantwortung für die Entwicklung nach Gorbatschow liegt dagegen bei Jelzin und seinem fehlenden demokratischen Bewußtsein. Gorbatschow warnte auch bereits 2006 offen vor Putin.
Frühere sowjetische Teilrepubliken und Marionettenstaaten wurden zu lebensfähigen Demokratien, die schon bald den Anschluß an die EU und die NATO suchten. Genau dieser Wunsch der Ukraine hat Putin dazu gebracht, erst Saboteure und schließlich Panzer und Soldaten über die Grenze zu schicken. Gorbatschow strebte nicht nach dem Zerfall der Sowjetunion, sondern er wollte einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz. Aber wenn die Menschen die Freiheit wittern, werden Kräfte freigesetzt, denen die Macht nicht immer widerstehen kann. Das ist Gorbatschows Erbe.
Die andere Seite der Medaille
Für seine demokratischen und offenen Ideen wurde Gorbatschow im Westen bejubelt, verehrt und mit Preisen überschüttet, wie dem Friedensnobelpreis und der amerikanischen Freiheitsmedaille. In der Tat gäbe es keine deutsche Einheit ohne den letzten Staatenlenker der Sowjetunion. Was war allerdings die Belohnung für Gorbatschows Handeln? Das zu beantworten, fordert auch offene Augen für die Gegenmeinung:
Selbst die freiwillige Auflösung des Warschauer Pakts hat nicht verhindern können, daß sich die Nato fünfmal bis an die russische Grenze nach Osten erweitert hat. Seine größten Versäumnisse liegen darin, daß er vor lauter Illusionen der totalen Verwestlichung dem Land keinen eigenen Entwicklungsweg aufgezeigt hat. Die Folgen sind weitreichend: Die Sowjetunion ist in nicht einmal sechs Jahren zusammengebrochen, seine Kommunistische Partei verliert die Legitimität zum Regieren. Unter Gorbatschow ist Russland vielleicht ein wenig freier geworden. Glücklicher und reicher ist das russische Volk hingegen nicht.
Ein Beispiel: Die EU hat entschieden, das Visa-Abkommen mit Russland aus dem Jahr 2007 einzufrieren. Eine solche Kollektivhaftung ist aber eine heikle Angelegenheit. Man kann die Menschen schlecht bei ihrer Einreise nach ihrer Einstellung befragen. Es ist offen, ob die von den Sanktionen betroffenen Personen wirklich darüber nachdenken, welchen Schaden Putins Politik anrichtet. Das Bewußtsein der russischen Gesellschaft wird sich auf diese Weise kaum beeinflussen lassen. Vielmehr könnte das Gegenteil passieren; denn die Mehrheit der Russen beklagt ohnehin schon länger eine Diskriminierung und Erniedrigung durch den Westen und richtet ihre Wut gegen Länder wie Litauen, die diese Sanktionen verhängt haben.
Fazit: Das Erbe Gorbatschows
Damit sich die Sowjetunion reformieren konnte, brauchte sie Ruhe auf internationaler Bühne. Daher die Abrüstungsgespräche und das grüne Licht für die Wiedervereinigung Deutschlands. Gorbatschow gab die Richtung vor und mischte sich weiter nicht in die Angelegenheiten der übrigen Länder ein. Genau deshalb endeten die kommunistischen Regimes in Mittel- und Osteuropa. Deren Spitzen ahmten Gorbatschow rhetorisch nach, verstanden ihn in Wirklichkeit aber überhaupt nicht. Und fielen letztlich ohne die Moskauer Krücken. So war Gorbatschow am Ende Schirmherr des Abzugs der Roten Armee sowie der Auflösung des Warschauer Pakts. Die Sowjetunion ist früher auseinandergefallen, als dort die Demokratie Fuß fassen konnte
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Damit avancierte Gorbatschow zum Helden im Westen, als er damit begann, einseitige Schritte zu machen: Abrüstung, Abzug aus Afghanistan, Freigabe des Ostblocks, deutsche Wiedervereinigung. Bekommen hat er dafür nichts als leere Worte. Gorbatschow war überzeugt, daß die Nato im Gegenzug auf eine Erweiterung bis an die Grenzen Russlands verzichten würde und man neue, gemeinsame Bündnisse aufbauen würde: Moskau wollte einen angemessenen Platz im ‚Haus Europa‘. Doch daraus wurde nichts. Dafür bekam er 1990 den Friedensnobelpreis.
Er hat die Welt umgewälzt, ohne es zu schaffen, sein Land zu verändern. Aber wer wären wir, die Gründe dieses Scheiterns angesichts des Ausmaßes der weltweiten Ereignisse, die Gorbatschow ausgelöst hat, zu bewerten? Dieses Erbe läßt sich nicht zerstückeln, es wird als Ganzes verteidigt.
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Seit sechs Monaten bombardiert Russland hemmungslos ukrainische Schulen, Krankenhäuser und Wohnungen. Frauen werden vergewaltigt und Kinder entführt. Aber die Ukraine hat wider Erwarten standgehalten. Putin glaubte wohl, es würde schnell vorbei sein. Allenfalls ein paar Wochen, dann würde Kiew in die Knie gezwungen, Präsident Selenskyj ermordet und eine russische Marionette an seiner Stelle installiert sein. Aber es kam anders. Die Ukrainer leiden, aber halten durch.
Nichts zu feiern
Sechs Monate nach Beginn von Putins Invasion in der Ukraine gibt es allerdings nichts zu feiern, schon gar nicht für Russland, dessen Politik- und Militärführer sich „nach besten Kräften“ blamiert haben. Ein halbes Jahr Krieg hat noch nicht einmal dazu geführt, eine Denkpause einzulegen und die Bedingungen für eine Deeskalation zu prüfen. Aber was eine dreitägige Spezialoperation werden sollte, ist ein blutiger Krieg geworden, der nunmehr seit sechs Monaten andauert. Und die Schmerzen des russischen Überfalls sind weltweit zu spüren.
Putin hofft vermutlich, daß der Winter mit Energiemangel und hohen Rechnungen die Moral der Europäer untergräbt und unsere Hilfsbereitschaft senkt. Die Folgen dieses Krieges sind in Europa längst in Form explodierender Energiepreise und einer Inflation festzumachen, die so bald nicht abklingen wird. Europa könnte am Rande einer Rezession stehen; denn Russland setzt auf den Winter, um die Kriegsmüdigkeit an die Energiefront zu verlagern. Putins Taktik, Europa den Gashahn zuzudrehen, hat den gewünschten Effekt. Die Energiekosten steigen, und die Rechnungen setzen die Verbraucher unter Druck. Die Zeit ist aber nur auf Putins Seite, wenn Europa dies zuläßt.
Die Russen haben einen beachtlichen Teil ihrer militärischen Führung und einen beträchtlichen Teil wichtiger militärischer Ausrüstung verloren. Die NATO wurde nicht, wie beabsichtigt, in die Schranken gewiesen. Vielmehr wurde sie gestärkt, da die äußerst fähigen Streitkräfte Finnlands und Schwedens auf dem besten Weg sind, dem atlantischen Bündnis beizutreten. Die Frage ist nun, wie es weitergeht. Russland darf sich nicht mit einem brutalen, unprovozierten Feldzug gegen seinen souveränen Nachbarn durchsetzen.
Die Ukrainer werden befürchten, daß ein wirtschaftlicher Druck die Unterstützung für die Kriegsanstrengungen beeinträchtigen wird. Zweifellos werden sie besorgt auf die großen europäischen Länder blicken, vor allem auf Deutschland, wo die Entschlossenheit angesichts möglicher Stromausfälle und Energierationierungen schwinden könnte.
Deutschland hat in der letzten Woche zwar mit Kanada eine Kooperation bei der Herstellung von grünem Wasserstoff vereinbart. Aber der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz streifte etwas verzweifelt durch die Rohstoff-Abteilung des weiten Landes. Kanada wird Wasserstoff aus emissionsarmen oder erneuerbaren Ressourcen entwickeln – mit dem Ziel, ihn ab 2025 nach Deutschland zu exportieren. Das aber ist, vorsichtig ausgedrückt, ein ehrgeiziger Zeitplan, da die Infrastruktur noch gar nicht gebaut ist.
Militärische Erfolge für die Ukraine überlebenswichtig
Neue Herausforderungen gibt es zusätzlich: Die ukrainische Armee benötigt militärische Erfolge noch vor dem Wintereinbruch. In der Ukraine sind vor allem im Osten starke Schneefälle und Temperaturen von bis zu 20 Grad minus nichts Ungewöhnliches, und wenn die Verkehrswege unpassierbar werden, beeinflußt das die Logistik und erschwert generell Militäroperationen. Deshalb ist es für die Ukraine so wichtig, noch vor dem Winter möglichst große Erfolge zu erzielen und zu verhindern, daß sich die Russen langfristig in den besetzten Gebieten etablieren.
Eine alte Erfahrung droht bestätigt zu werden: Kalte Winter haben Russland in der Vergangenheit bereits mehrmals geholfen, Gegner zu besiegen. Am deutlichsten erfuhren dies Napoleon und Hitler. Nun setzt Putin wohl darauf, daß explodierende Energiepreise und Versorgungsengpässe dazu führen, daß die EU die Ukraine zu einem Waffenstillstand drängt – und zwar zu seinen Bedingungen. In dem Fall würde Putin auf Zeit spielen und warten, ob ein harter Winter in Europa für Proteste und Unruhen sorgt. Manche Staats- und Regierungschefs würden es sich dann vielleicht zweimal überlegen, ob sie die Ukraine weiter unterstützen.
Derzeit hat niemand die Kraft, einen entscheidenden Schlag zu vollführen, obwohl beide Seiten Reserven sammeln. Es ist zu vermuten, daß der Kreml bald Zehntausende neuer Soldaten zur Verfügung haben wird – schlecht ausgebildet und nicht sehr gut bewaffnet, aber ausreichend, um die Front mit dieser schieren Masse zu durchbrechen. Ein halbes Jahr Kampf gegen die Invasion hat aus allen Ukrainern eine Nation geschmiedet.
Aber es gibt keine Möglichkeit mehr, die Ukraine zu zerstören, wie der Kreml dies möchte. Er spricht dem Land weiterhin die Existenzberechtigung ab. Die Ukrainer bereiten sich nun selbst auf einen Angriff vor, und wenn sie zuerst zuschlagen, haben sie tatsächlich ein Siegeschance – die russische Armee ist demoralisiert und ohne jeglichen Kampfwillen.
Aber auch das gehört zur Wahrheit: Auf beiden Seiten kamen zehntausende Soldaten ums Leben. Die Realität zeigt, daß die moderne Kriegsführung auch die ultimative Verletzung der Menschenrechte bedeutet. Die Gedanken von Putin und seinen Leuten in Moskau kann man nur als unheimlich bezeichnen. Einzig Russland kann diese Tragödie stoppen, und das Land hat auch die Verpflichtung, dies zu tun.
In Kiew und Moskau gibt es erkennbar große Sorgen über den Verlauf des Krieges. Putin macht zweifellos die riesige russische Opferliste zu schaffen, die auf bis zu 60.000 geschätzt wird, und auch, daß sein ursprünglicher Plan, Kiew einzunehmen, trotz der großen militärischen Überlegenheit Russlands völlig gescheitert ist. Es ist schwer vorstellbar, daß es innerhalb des Regimes keine ernsthaften Zweifel am Krieg und an dessen siegreichen Ausgang gibt. Kiew ist seinerseits nach wie vor darauf bedacht sicherzustellen, daß die westliche Unterstützung – die für das Land in militärischer, diplomatischer und humanitärer Hinsicht so wichtig ist – nicht nachläßt.
Inzwischen sind zu den militärischen auch noch diplomatische, energiepolitische und finanzielle Schlachtfelder hinzugekommen. Sobald die Flammen des Krieges erst einmal entfacht sind, ist es sehr schwer, sie zu kontrollieren und die Richtung, in der sie sich ausbreiten, zu beeinflussen. Nicht nur zwischen der Ukraine und Russland herrschen nun Haß und Feindseligkeit. Auch zwischen Russland und Europa ist das Tischtuch zerrissen, und die Wunden werden mit der Zeit immer tiefer.
Kampf für Unabhängigkeit und Freiheit
Die negativen Folgen des Krieges machen sich auch in der EU immer deutlicher bemerkbar. Inzwischen macht man sich auf einen der schwierigsten Winter seit der Ölkrise gefaßt; denn die Gaslieferungen stocken, und die Energiepreise sind deutlich gestiegen. Auch erreicht der Krieg viele Schwellen- und Entwicklungsländer in Form gestiegener Getreidepreise. Putin hat mit seinem ebenso unbedachten wie kritikwürdigen Entschluß eine Katastrophe verursacht. Es bleibt jetzt nichts anderes übrig, als die Bemühungen zu verstärken, um die Aggressionen zu stoppen und Verhandlungen einzuleiten, die den Krieg beenden können.
Und allen Zweiflern sei ins Stammbuch geschrieben: Die Ukraine kämpft nicht nur für ihre Unabhängigkeit und Freiheit, sondern auch für den Grundsatz, daß es Aggressorstaaten nicht erlaubt sein sollte, Grenzen mit Gewalt neu zu ziehen. Nachdem Putin 2014 die Krim annektiert hatte, waren westliche Staats- und Regierungschefs überzeugt, sie hätten durch Sanktionen genug getan, um ihn davon abzuhalten, noch weiter zu gehen. Ohnehin war es nicht in ihrem Interesse, einen Stellvertreterkrieg mit Russland zu führen. Sie haben sich geirrt. Zu den Folgen dieser schrecklichen Fehleinschätzung gehören die Gräueltaten, die heute in der Ukraine verübt werden.
Die europäischen Länder müssen sich ihrer Verantwortung bewußt sein. Sie haben mit Nordstream und ihrer Abhängigkeit von russischem Gas im Vorfeld dieses Krieges strategische Fehler begangen. Wenn sie ihre Seele und ihre Zukunft bewahren wollen, müssen sie jetzt zusammenstehen und Putins Russland bändigen – solange es auch dauern mag. Das sind sie sich selbst und erst recht den Ukrainern schuldig.
Hierzu ein treffender Kommentar von Eric Gujer, Chefredaktor der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 26.08.2022:
Drei Jahrzehnte der Reformversuche haben in Russland wenig bewirkt
An Miesepetern und Schwarzmalern herrscht kein Mangel. In Deutschland, wo keine Talkshow ohne ordentlichen Weltuntergang auskommt, rechnen Politiker mit „Volksaufständen“ und einem „Wutwinter“.
Der Krieg ist in Westeuropa angekommen. Seit Putin den Spieß umgedreht hat und die EU mit einem partiellen Gas-Embargo triezt, werden die Unzulänglichkeiten der europäischen Energieversorgung schmerzlich spürbar. Dabei wird es nicht bleiben. Der deutsche Inlandgeheimdienst warnt davor, daß Moskau den Volkszorn wegen kalter Wohnungen und dunkler Straßen mit Desinformationskampagnen im Internet anheizen dürfte.
Sechs Monate Krieg: Blamage statt Blitzsieg
Auch Länder, die weitab von den Schlachtfeldern liegen, sind in der vernetzten Welt Teil des Kampfgeschehens. Die westlichen Gesellschaften werden sich daher ihrer Verletzlichkeit bewußt. Zum allmählichen Aufwachen gehört, daß man den Gegner dämonisiert. Russland erscheint als übermächtige Kriegsmaschinerie, welche die westlichen Schwachstellen meisterhaft ausnutzt.
Mit der Realität hat das wenig zu tun. Wenn man den Krieg nicht nur als militärisches Ringen begreift, sondern als Summe aller politischen und wirtschaftlichen Faktoren, hat Putin die Auseinandersetzung verloren.
Seine ursprünglichen Kriegsziele hat Moskau samt und sonders verfehlt. Weder konnte Kiew erobert und die Regierung Selenski gestürzt werden, noch wurde die strategisch so bedeutsame Schwarzmeerküste vollständig eingenommen.
Der vom Kreml erhoffte Blitzkrieg ist zum kräftezehrenden Abnutzungskrieg mit ungewissem Ausgang mutiert. Die Ukrainer halten trotz Rückschlägen stand; die russischen Erfolge auf dem Schlachtfeld sind mit hohen Verlusten erkauft.
Der Dämon Putin hat zudem selbst Angst – vor seinem eigenen Volk. Nur das vermag zu erklären, weshalb er nicht die Generalmobilmachung befiehlt. So verfügen die schwächeren Ukrainer über die stärkeren Kräfte. Ihre Soldaten sind nach acht Jahren Konflikt im Donbass kampferprobt. Die russische Armee hingegen muß schon in Gefängnissen rekrutieren und diesen Bodensatz nach militärischer Schnellbleiche an die Front werfen.
Die Russen haben den Zenit ihrer Kampfkraft erreicht oder gar überschritten. Gegenwärtig ist nicht ersichtlich, daß sie über einen Trumpf verfügen, um das Geschehen entscheidend zu ihren Gunsten zu wenden.
Kiew kann hingegen immer mehr präzise und weitreichende Waffen einsetzen, sofern die Nato-Staaten diese ausreichend liefern. Der einzige erkennbare Game-Changer befindet sich damit weder in russischer noch in ukrainischer Hand. Der Schlüssel liegt in den USA mit ihren Waffenarsenalen. Das größte Risiko für Kiew besteht in einem Ende der amerikanischen Unterstützung.
Die alte russische Mischung – Korruption und Leidensfähigkeit
Der Nimbus der russischen Streitkräfte ist nach sechs Monaten Krieg zerstört. Westliche Beobachter waren davon ausgegangen, daß die Armee nach postsowjetischem Zerfall umfassend modernisiert worden war. Welch ein Irrtum!
„Obervolta mit Atomraketen“
Die Liste der Mängel ist lang, angefangen bei der chaotischen Logistik. Russland bleibt sich auf gespenstische Weise treu. Organisatorisches Unvermögen und Korruption sind heute wie einst die größten Plagen und bringen zuverlässig die meisten Pläne zum Scheitern. Auch die Stärken sind uralt: Improvisationsgabe und Leidensfähigkeit.
Hingegen fehlt es an vielem, was den zeitgenössischen Hightech-Krieg ausmacht, darunter Präzisionswaffen, multisensorische Aufklärung und genaue Zielerfassung. Die meisten Panzerfahrzeuge basieren auf Entwicklungen aus den siebziger Jahren und sind gegen die Projektile der ukrainischen Infanterie unzureichend geschützt. Flugzeuge der fünften Generation – wie der amerikanische F-35 – haben noch nicht die Serienproduktion erreicht. Die russische Armee ist ein Scheinriese.
Die Bodentruppen müssen sich daher auf ein Mittel verlassen, das sie bereits 1945 beim Sturm auf Berlin einsetzten: die artilleristische Feuerwalze. Damals allerdings war die Rote Armee einer ausgebluteten Wehrmacht an Waffen und Soldaten in einem ganz anderen Zahlenverhältnis überlegen, als das in der Ukraine der Fall ist.
Streitkräfte, die wie vor achtzig Jahren kämpfen, verlieren für jeden halbwegs gerüsteten Gegner viel von ihrer Bedrohlichkeit. Das schwächt Moskau auch politisch; denn außer Rohstoffen und Militär bietet Russland wenig. Seine Armee wird mit syrischen Milizen fertig – und sonst?
Der deutsche Kanzler Helmut Schmidt nannte die Sowjetunion „Obervolta mit Atomraketen“. Drei Jahrzehnte der Reformversuche haben an der Gültigkeit des Aphorismus nichts geändert. Auch heute untermauern nur Atomwaffen die geopolitischen Ambitionen dieses in seiner Vergangenheit gefangenen Schwellenlandes. Eine schwärzere Bilanz ist für Putin und sein Werk kaum denkbar.
Hätte der neue Zar seine Soldaten so eingesetzt, wie es alle Experten vorausgesagt hatten, wäre seine Position heute vermutlich besser. Russland galt als Meister der hybriden Kriegführung. Diese kombiniert Propaganda, Diplomatie und Wirtschaft mit dosiertem militärischem Druck, der noch keinen massiven Gegenschlag provoziert.
Säbelrasselnde Manöver, ein Vorstoß im Donbass und die gerade noch verkraftbare Drosselung der Gaslieferungen hätten im Westen, vor allem in Deutschland, die Diskussion über Konzessionen entfacht. Die „legitimen russischen Sicherheitsinteressen“ wären die Phrase der Stunde. Berlin und Paris würden die Ukraine noch genauso übergehen wie in den letzten zwanzig Jahren.
Es kam anders. Zwar erwartet Europa ein langer Winter, aber schon im Jahr darauf ist man gewappnet. Die Energiewaffe wird allmählich stumpf, und Russland verliert seinen wichtigsten Absatzmarkt für Öl und Gas. Selbst die russische Energiebranche ist skeptisch, ob neue Abnehmer das ausgleichen können. Von den ergiebigsten Lagerstätten in Sibirien ist es nach Europa relativ nah – und sehr weit nach Indien und China. Wladimir der Schreckliche hat sich verzockt.
Großmächte überschätzen ihre Kräfte
Der Westen ist im Rahmen seiner Möglichkeiten geeint. Die wegen Trumps Maulheldentum schon für hirntot erklärte Nato steht robuster da denn je. In einem konventionellen Schlagabtausch stellt Russland für die Allianz keine Bedrohung dar.
Der Beitritt Schwedens und Finnlands verändert das Kräfteverhältnis in der Ostsee, der – zusammen mit dem Schwarzen Meer – maritimen Schlagader des europäischen Russland. Vor kurzem versuchte Moskau noch, mit atomwaffenfähigen Mittelstreckenraketen in Kaliningrad die Ostsee zu dominieren. Unterdessen ertüchtigen die Nato-Anrainerstaaten ihre vernachlässigten Kriegsmarinen, und das Bündnis verlegt Soldaten ins Baltikum.
Auch am Schwarzen Meer stärkt die Nato ihre Präsenz. Der Kreml wollte die Ukraine heim ins Reich holen, jetzt befindet sich das Land dauerhaft im westlichen Lager. Vielleicht wird Russland noch weiteren Boden rauben, aber das Kräfteverhältnis hat sich zu seinen Ungunsten verschoben.
Der Ukraine-Krieg steht in einer Reihe mit anderen Fehlentscheidungen von weltpolitischer Dimension. Putin tappte in die Falle imperialer Hybris. Großmächte, vor allem autoritär regierte, neigen dazu, ihre Kräfte zu überschätzen und ihre Gegner für primitive Völker ohne eigene Identität zu halten. Der Ausgang eines Kräftemessens scheint damit von Beginn an festzustehen.
Auch der Westen ist gegen diese verzerrte und oft mit postkolonialer Geringschätzung verbundene Sichtweise nicht gefeit. So glaubten am 24. Februar die wenigsten Experten, daß die Ukrainer sechs Monate durchhalten würden. Nichts spricht dagegen, daß Kiew dies auch in den nächsten Monaten gelingt.
Widerstandskraft besteht nicht nur aus numerischer Stärke, sondern aus einer Fülle von Faktoren, von denen die Kampfmoral nicht der geringste ist. Auch die Nato erfuhr das in Afghanistan. Am meisten unterschätzt wird stets, was für alle offensichtlich ist wie etwa die Geografie: die Größe der Ukraine, die dem Land strategische Tiefe verleiht, oder die Berge Afghanistans und die Insellage Taiwans.
Jeder Krieg, auch der zwischen David und Goliath, birgt Unwägbarkeiten, die selbst einer Großmacht zum Verhängnis werden können. Putin hat das in seinem Hochmut ignoriert und zahlt dafür einen immensen Preis.
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P O L I T S P L I T T E R
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„SPRACHPANSCHER 2022“ IST ULRIKE LEMBKE
Da schüttelten selbst ihre Jura-Kollegen den Kopf: Prof. Ulrike Lembke (Humboldt Universität zu Berlin) stellte im Dezember 2021 ein Gutachten vor, in dem sie die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ als verfassungswidrig einstufte. In Auftrag gegeben hatte es die Stadt Hannover. „Das war ein lupenreines Gefälligkeitsgutachten, mit dem sich die Stadt Hannover selbst auf die Schulter klopfen konnte“, sagt Prof. Walter Krämer, Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache (VDS).
Lembke rechtfertigte das Gendersternchen mithilfe von Scheinargumenten, sie behauptete sogar, Gerichte würden regelmäßig gegen das Grundgesetz urteilen, wenn sie die sprachliche Gleichstellung der Geschlechter missachten. Das Grundgesetz gebiete die Gendersprache geradezu. „Aus dem Grundgesetz eine Verpflichtung zum Gendern herauszulesen, ist völlig absurd“, so Krämer, „das Grundgesetz richtet sich explizit an alle Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht oder anderen Unterscheidungsmerkmalen.“ 38 Prozent der VDS-Mitglieder haben sie daher zum „Sprachpanscher 2022“ gewählt. Direkt dahinter auf Platz 2 landete Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (22 Prozent).
In Fortführung der Gebräuche seines Vorgängers wurde er nicht müde, mit englischen Begriffen um sich zu werfen, wo es sinnvoller wäre, in einer für alle verständlichen Sprache zu kommunizieren: So unterstützte er mehrere „Repurposing Studies“, entwickelte eine „Tracing App“, verfügte eine „Coronavirus-Surveillanceverordnung“ und sagte den „Freedom Day“ ab.
Auf den weiteren Plätzen landeten Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann („Willkommen in the Länd“), die Firma Kienbaum Consultants International GmbH („People Convention“, „People Sustainability“) sowie der Oberbürgermeister der Stadt Freiburg (Stellenausschreibungen nur in weiblicher Form). (kulturinfo.ruhr, vds-ev.de)
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Ausgewanderte Wörter
Der Linguist Matthias Heine stellt der Berliner Zeitung sein neues Buch „Ausgewanderte Wörter – Von Deutschland bis in die ganze Welt“ vor. Beispiele, die jeder kennt, sind der amerikanische kindergarten oder die pretzel.
Heine befasst sich in seinem Buch jedoch eher mit unbekannten Beispielen der „sprachlichen Auswanderung“ und erzählt unterhaltsame Geschichten von deutschen Wörtern, die es bis nach Island oder in die Südsee geschafft haben. Heine erklärt, wie die Wörter vor allem durch den Sprachgebrauch der Missionare und Kolonisatoren in andere Länder gebracht wurden. Besonders in der Südsee gebe es viele Ausdrücke für Handwerkszeug, die dem Deutschen entstammen.
In Neuguinea gibt es die supka, die Schubkarre. Im pazifischen Inselstaat Nauru den amar, den Hammer. In den Missionsschulen des deutschen Kolonialreichs wurde Kindern häufig ein Handwerk beigebracht. Heine informiert, dass nicht nur der Kolonialismus zur Verbreitung der Wörter führte. Geistige Strömungen trugen ebenfalls dazu bei. Die führende deutsche Chemie des 19. Jahrhunderts beförderte das deutsche Wort Zink bis ins Chinesische.
Ein Wort wird laut Heine zum Auswanderer, wenn es in der Zielsprache eine Benennungslücke gibt. Es darf also kein vorhandenes Wort für das eingewanderte geben. Die Ausbreitung von Germanismen im Englischen erklärt sich laut Heine durch die Aufnahmefreude der englischen Sprache. Und auch im Russischen gebe es viele Germanismen. (berliner-zeitung.de)
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Gendersprache
DIE KRANKENSCHWESTERIN !!!
„Ich brauch nicht Vater, Mutter, Bruder / Ich will ein schneeweißes Luder / Die ist schöner, blonder, fester / Denn sie ist 'ne Krankenschwester.“ Das Schlagerduo Klaus & Klaus besang sie zuerst, der Ballermann-Barde Mickey Krause legte sie neu auf: die Krankenschwester.
Seit dieser Woche hat die „KrankenschwesterIN“ Einzug im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehalten. In der Lokalzeit Südwestfalen des WDR-Fernsehens war einem VDS-Freund eine Merkwürdigkeit aufgefallen. Bei einem Bericht über eine Feuerwehrfrau sprach der Moderator vom Hauptberuf der Frau: Sie sei „Intensivkrankenschwesterin“.
Der Beobachter vermutete zunächst einen harmlosen Versprecher, wie er auch dem besten Moderator passieren kann. Ein paar Augenblicke später wiederholte dieser die „Intensivkrankenschwesterin“ jedoch. 1 x ist ein Versehen, 2 x ist Absicht.
Die bissigen Kommentare zu dem kurzen Video, das der VDS anschließend mit der Frage „Hey, @WDR, was ist denn eine ‚Intensivkrankenschwesterin‘?“ hochlud, ließen nicht lange auf sich warten: „Ist eine männliche Krankenschwester eine Krankenbrüderin?“ fragte @Juliuskujira1, @dchackethal spekulierte „Muesste es nicht ‚Krankenschwesternde‘ sein?“, und @foersterjoerg ist sich sicher: „#Intensivkrankenschwesterin Ideologie frisst Hirn.“
Der WDR antwortete auf den Tweet, dass es sich um einen Versprecher gehandelt habe. Amüsant ist jedoch, dass auch die Moderatorin einer anderen WDR-Sendung von einer „Krankenschwesterin“ sprach, und selbst Kanzler Olaf Scholz dieses Wort benutzte. ( twitter.com/VDS_weltweit, derwesten.de, twitter.com/Michael77720627, twitter.com/PenelopeeDream, welt.de)
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Undemokratische Genderformen im Rundfunk
Auf Seite 1 der FAZ vom Mittwoch (10.8.2022) bezeichnet Heike Schmoll Genderformen in Hörfunk und Fernsehen als „öffentlich-rechtliche Umerziehung“ und verweist auch auf den Aufruf von mehr als 170 Wissenschaftlern, welche die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten kürzlich aufgefordert haben, das Gendern zu unterlassen. Genderformen im Rundfunk seien „zutiefst undemokratisch“ und sie widersprächen dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien, so Schmoll.
„Die Sprachgemeinschaft erziehen zu wollen, ist eine Anmaßung der öffentlich-rechtlichen Sender, die von niemandem toleriert werden muss.“ Zu beobachten sei zur Zeit, dass sprachliche Marotten einiger Redakteure bereits zur allgemeingültigen Norm erhoben werden. Schmoll hofft auf das Ökonomieprinzip der Sprache, demzufolge die Mehrheit der Sprecher stets die verständlichste Ausdrucksweise wählt, umständliche Sprachformen verschwinden ganz von allein. (faz.net (Bezahlschranke)
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Gendern ein Verstoß gegen das Grundgesetz
Der Staat darf seine Bürger nicht zum Gendern verpflichten.
Zu diesem Ergebnis kommt der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier. In einem Gutachten für die Theo-Münch-Stiftung für die Deutsche Sprache kommt er zu dem Schluss, dass staatliche Normierung der Sprache zur verbindlichen Verwendung durch alle Bürger im privaten und gesellschaftlichen Bereich ein unverhältnismäßiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und „damit verfassungsrechtlich unzulässig“ sei, schreibt die Welt. Das gelte auch für die Schulen: „Eine Verpflichtung zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache im schulischen Bereich ist (…) ebenfalls als nicht angemessen im Hinblick auf die verfolgten Ziele zu werten und somit (…) als verfassungsrechtlich unzulässig zu erachten“, heißt es im Gutachten. Dieses gelte zumindest solange, wie sich die vermeintlich geschlechtergerechte Sprache nicht im allgemeinen Sprachgebrauch widerspiegelt.
Das könne aktuell jedoch nicht als gegeben betrachtet werden, obwohl sich die öffentlich-rechtlichen Medien und Universitäten dafür stark machen. Das generische Maskulinum bringe auch „keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist“, es stelle vielmehr nach wie vor den allgemeinen Sprachgebrauch dar. Eine vermeintlich gendergerechte Sprache könnte dazu führen, dass die Kommunikation erschwert wird:
Wo „zu stark ausdifferenzierende Konkretisierung auf alle erdenklichen Fälle sowie eine Insidersprache mit langen Wortkombinationen und oft nur bestimmten Kreisen verständlichen Wendungen wie zum Beispiel LGBTQIA*“ vorkommen, könnte die primäre Funktion der Sprache eingebüßt werden. Dennoch, so Papier, stelle sie nicht einen grundsätzlichen Verstoß gegen das Grundgesetz dar. Im Bereich der Amts- und Rechtssprache sei sie in bestimmten Grenzen möglich, wenn die Lesbarkeit und die Verständlichkeit nicht darunter leidet. (focus.de, welt.de (PDF-Datei))
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Merz gegen Gendersprache
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat in einem Gastbeitrag für die Badischen Neuesten Nachrichten einen Forderungskatalog an den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) formuliert. Ein Punkt gilt dem Gendern: „Die Journalisten des ÖRR haben eine wichtige Vorbildfunktion für die Öffentlichkeit, derer sie sich bewusst sein sollten. Das gilt auch und besonders für ihre Sprache.“ Weder einzelne Sprecher noch Kommentatoren und Moderatorinnen hätten das Recht, von den allgemein anerkannten Regeln des Gebrauchs der deutschen Sprache abzuweichen, so Merz. Mit dem Rat für deutsche Rechtschreibung gebe es bei Bund und Ländern eine Institution, welche die behutsame Fortentwicklung unserer Rechtschreibung begleitet. Gendersternchen und andere Elemente einer „geschlechtergerechten“ Sprache seien ausdrücklich nicht in dieses Regelwerk aufgenommen worden. „Daran sind auch die gebührenfinanzierten Sender und ihre Repräsentanten gebunden. Alles andere verstößt gegen die Grundsätze einer ausgewogenen und verständlichen Berichterstattung.“ (bnn.de)
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Psycholinguistische Studien sollen Linguisten-Aufruf widerlegen
Damaris Nübling, Professorin für Sprachgeschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, sieht in dem Aufruf der knapp 200 Sprachwissenschaftler von vergangener Woche keinen „Aufschrei der deutschen Linguistik“. Die Unterzeichner würden nicht repräsentieren, wer in Forschung und Lehre aktiv ist, sagt sie in einem Interview in der FAZ. Die große Mehrheit, so Nübling, hätte nie in der Linguistik gearbeitet, nie publiziert. Zudem seien viele Pensionäre unter den Unterzeichnern.
Aus Sicht des VDS bestreitet sie damit die Kompetenz der Unterzeichner, sich ein Urteil über sprachliche Entwicklungen zu bilden. Die Argumentation des Aufrufs hält Nübling für wenig wissenschaftlich. Vielmehr würden die Unterzeichner ignorieren, was psycholinguistische Studien zeigen: Vor allem Berufsbezeichnungen wie Arzt, Arbeiter, Richter erzeugten ein männliches Bild (und das sogar stärker als Rollenbezeichnungen wie Zuschauer, Einwohner oder Passant). Sprache könne sich der gesellschaftlichen Diversität nur annähern, „Gerechtigkeit ist eine Illusion“, so Nübling. Aber vor allem Jüngeren sei es ein Anliegen, die Geschlechter in der Sprache stärker abzubilden.
Sie appellierte deswegen, entspannt und tolerant zu sein. Verbote oder Vorschriften seien von keiner der beiden Positionen aus gesehen hilfreich. Es würde auch keine neue Sprache vorgeschrieben, auch wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk verstärkt gendert; es gebe lediglich Empfehlungen. Diese schüfen jedoch bei traditionellen Sprechern „einen gewissen Druck, der sie verunsichert.“ (faz.net (Bezahlschranke))
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Wolf Schneider sieht deutsche Sprache verhohnepipelt
Als „obersten Sprachlehrer Deutschlands“ stellt die BILD VDS-Ehrenmitglied Wolf Schneider vor, der Genderformen wie „Radfahrer*innen“ – statt Radfahrer, „Zu Fuß Gehende“ – statt Fußgänger oder „verstorbene Drogengebrauchende“ – statt Drogentote“ für eine „Verhohnepipelung der deutschen Sprache“ hält. Die ganze Gender-Debatte sei eine Wichtigtuerei von Leuten, die von Sprache keine Ahnung haben, so Schneider. (bild.de)
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Schulaufsicht untersagt Gendersprache
Die VDS-Arbeitsgruppe Gendersprache meldet einen weiteren Erfolg gegen das Gendern. Der Vater eines Schülers aus Tübingen setzte sich dagegen zur Wehr, daß seitens der Schule offiziell in der Kommunikation mit Eltern und auf der Netzseite der Schule gendersprachlich formuliert wird – etwa mit dem Genderstern bzw. dem Genderdoppelpunkt. Er machte gegenüber der Schulaufsicht in mehreren Eingaben deutlich, daß solche Sonderzeichen nach den Vorgaben der amtlichen Rechtschreibung nicht zulässig seien.
Auf eine förmliche Dienstaufsichtsbeschwerde hin teilte ihm das zuständige Regierungspräsidium nunmehr mit, daß die Schule aufgefordert wird, „sich in ihrer amtlichen und öffentlichen Kommunikation zukünftig an das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung zu halten, d.h. auf die Verwendung von Genderstern, Binnen-I, Gendergap und Schrägstrich ohne Ergänzungsstrich in ihrer schriftlichen Kommunikation sowie in ihrer Außendarstellung auf der Homepage oder im Rahmen von Veröffentlichungen zu verzichten.“
Claus Maas, Leiter der VDS-Arbeitsgruppe „Deutsch in der Schule“ sieht darin eine Bestätigung der Auffassung, dass Gendersprache zumindest in dieser Form an Schulen nichts verloren hat. Der VDS fordert zu Beginn des neuen Schuljahres die Elterngremien an Schulen auf, den im Schulumfeld unzulässigen Gendersprach-Gebrauch in den anstehenden Zusammenkünften anzusprechen und auf die Einhaltung einer korrekten Standardsprache sowohl im Unterricht als auch in der schulischen Kommunikation zu drängen. Der VDS bietet Eltern Argumentationshilfe und Hinweise auf die schulrechtlichen Bestimmungen an. (vds-ev.de)
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Denglisch
Im Sprachgraben
Der Kolumnist und Autor Peter Littger geht im SPIEGEL noch einmal auf den FDP-Vorschlag ein, in Deutschland Englisch als Verwaltungssprache einzuführen. Dieser sei „offenbar geleitet von der Annahme, daß Arbeitssuchende aus dem Ausland, die kein Deutsch sprechen, in jedem Fall Englisch beherrschen“, so Littger.
Daß dies durchaus nicht so ist, hat Roland Kaehlbrandt, Sprachwissenschaftler und Vorstandsvorsitzender der Polytechnischen Gesellschaft in Frankfurt, kürzlich auch in einem Beitrag in der FAZ anschaulich dargestellt. Er hält den Vorschlag für einen „Abstieg in die Zweitklassigkeit“, der die Integration von Zuwanderern eindeutig hemmen würde. Aber zurück zu Peter Littger: Er will den FDP-Vorschlag zumindest ernst nehmen.
Schließlich gebe es in der deutschen Sprache eine wachsende Zahl englischer Begriffe, „die mehr sind als Schmuck“, so Littger. Seine Beispiele: Comedy, Spam, Leak, Update, Streaming, Whistleblower. Englisches klinge im Deutschen ungenauer, unschärfer und „weniger aggressiv“, also harmloser (canceln gegenüber kündigen). Besonders substantivierte -ing-Verben aus dem Englischen (Grounding, Fracking, Aquaplaning) seien bei den Deutschen beliebt. Aber das Land sei sprachlich gespalten: Nach Hochrechnungen des Allensbach-Instituts geben 35 Millionen der Deutschen an, Englisch „gut bis sehr gut“ zu beherrschen, 36 Millionen verstehen es „wenig bis gar nicht“. Wir hätten uns „eine sprachkulturelle Wirklichkeit geschaffen, die es sehr leicht macht, die eigenen Englischkenntnisse zu überschätzen“, sagt Littger. In Wirklichkeit tue sich ein „Sprachgraben“ auf.
Littger warnt, die Voraussetzung einer zweisprachigen Verwaltung wäre jedenfalls ein langwieriges und politisch gewolltes Learning by doing (mindestens über eine Generation). Das mag sein, aber den Sprachgraben überwindet ein solches Vorhaben trotzdem nicht. Richtig ist wohl Littgers Feststellung, daß es sowohl mit als auch ohne die fortschreitende Anglisierung zu Mißverständnissen durch den Einfluß des Englischen kommt. Worauf Littger nicht eingeht, ist die Illusion, man könne besseres Englisch durch Verzicht auf Deutsch erwerben. (spiegel.de, faz.net (Bezahlschranke)
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