CDU im Wandel – Aus Christdemokraten werden Sozialdemokraten
Von Peter Helmes

Ungeklärtes Verhältnis zu zentralen FragenMarkenkern vergessen
Man kann es nicht schönreden: Die CDU von heute ist längst nicht mehr vergleichbar mit der Partei, die unser Land aufgebaut und über Jahrzehnte geprägt hat. Die alten Wurzeln – liberal, sozial, konservativ – sind verkümmert und dem Zeitgeist geopfert worden. Über die letzten vier Jahrzehnte ist die Partei von Kopf  bis Fuß sozialdemokratisiert worden – mit fleißiger Unterstützung ihrer jeweiligen Führung, besonders unter Merkel. Die CDU von heute ist weder liberal noch konservativ, sondern folgt einem menschenbeglückenden sozialdemokratischen Leitbild, in dessen Mittelpunkt der Glaube an die Allmacht des Staates steht.

Der falsche Weg: Gesellschaftsjahr als allgemeine Pflicht

Nehmen wir als Beispiel dieser Wende den jüngsten Beschluß des CDU-Parteitages zur Einführung eines „Gesellschaftsjahres“: Spätestens seit der Aussetzung der Wehrpflicht und des Zivildienstes wird in der CDU intensiv über Alternativen diskutiert. Und selbstverständlich weiß die Partei, was „die Menschen im Land“ bewegt und was sie wollen:
Viele (vor allem) junge Menschen möchten sich zeitweilig und konkret für unser Land und unsere Gesellschaft engagieren. Das sollten sie aber nicht ungesteuert oder gar freiwillig tun, sondern unter staatlicher Aufsicht – weshalb sich die CDU veranlaßt sieht, einen entsprechenden staatlichen Rahmen zu fordern. Das führte beim Bundesparteitag schließlich zu einem  Beschluß zum sogenannten Gesellschaftsjahr. Damit ist letztlich ein verpflichtendes Dienstjahr gemeint. Die Begründung ist gut gemeint, aber greift zu kurz. Einer der Initiatoren, der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Baldauf, erläuterte den Antrag:

„Wir leben in schwierigen Zeiten, in denen viele Menschen verunsichert sind – durch Pandemie, Krieg und Krisen wie den Klimawandel. Unsere Gesellschaft steht dadurch vor großen Herausforderungen. Um diese meistern zu können, müssen wir zu einem stärkeren Miteinander und gegenseitigem Verständnis, zu Toleranz und Offenheit für andere Meinungen oder Lebensweisen zurückfinden. Andernfalls sehe ich unsere freie und demokratische Gemeinschaft in ernster Gefahr. Der Staat braucht eine funktionierende Bürgergesellschaft. Ich bin der Überzeugung, daß ein Gesellschaftsjahr die Solidarität im Zusammenleben nachhaltig stärken wird, weil es Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft zusammenführt. Und ich bin der Überzeugung, daß ein solcher Dienst bereichernd und positiv auch für den Einzelnen ist.“

Zwang zur Freiwilligkeit
Um wirklich etwas bewegen zu können – für unsere Gesellschaft und für den Einzelnen – müßten nach Baldaufs Meinung aber vor allem jene erreicht werden, die einem solchen Dienst für die Gemeinschaft eher fernstehen oder die freiwillig nicht über ihren eigenen Tellerrand hinaus blicken würden. „Deshalb ist das Gesellschaftsjahr aus meiner Sicht nur zielführend, wenn wir es verpflichtend einführen."

Die CDU möchte eine einheitliche Regelung in ganz Deutschland statt föderaler Vielfalt. Dazu notwendige Änderungen im Grundgesetz will die CDU in den kommenden Jahren auf den Weg bringen. Sagen wir es höflich: Das ist „Zwang zur Freiwilligkeit“ – ein Widerspruch in sich und eine Kampfansage an den mündigen Bürger. Ahnungsvoll heißt es in der CDU-Charta zum neuen Grundsatzprogramm, die in Hannover verabschiedet wurde: „Für uns ist der Staat um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen.“

Baldauf zeigt mit seiner Begründung aber, daß er eines der wichtigsten Prinzipien seiner Partei nicht verstanden hat:

DAS INDIVIDUUM, DER MENSCH, GEHT VOR STAAT!
ZWANGSBEGLÜCKUNG GEHÖRT ZUM SOZIALISMUS, ABER NICHT IN EINE AN FREIHEIT, SELBSTBESTIMMUNG UND FREIWILLIGKEIT ORIENTIERTE PARTEI.

Baldauf scheint zu ahnen, daß seine Grundlage wackelt. Und so greift er tief in die Kiste verbaler Klischees („vielseitiger Gewinn“):

„Der Wegfall des Wehrdienstes hat eine große Lücke hinterlassen. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine müssen wir diese schleunigst schließen: Die Menschen sind in großer Sorge. Was wir jetzt brauchen, ist eine geordnete Debatte, wie eine solches Gesellschaftsjahr aussehen könnte.“ 

Das Gesellschaftsjahr solle als vielseitiger Gewinn angesehen werden. Baldauf: „(…) für die Persönlichkeitsentwicklung des einzelnen Menschen und für die Widerstandsfähigkeit unseres Staates“ (...) „Viele junge Menschen verlassen die Schule, ohne zu wissen, was sie danach machen möchten. Das Gesellschaftsjahr ermöglicht nach der Schule eine Zeit der Orientierung und ein bewußtes Wagen aus dem verschulten Leben und aus digitalen Blasen.“ Es biete die Chance, daß Menschen aus unterschiedlichsten Milieus sich untereinander und der Gesellschaft helfen könnten und dabei neue Fähigkeiten an sich entdecken, die sich bereichernd auf ihr ganzes Leben auswirken würden.

Baldauf weiter: „Wer sich für die Gemeinschaft engagiert, schaut nicht nur über den eigenen Tellerrand, sondern erwirbt dadurch auch ein hohes Maß an Sozialkompetenz, die seine Persönlichkeitsentwicklung und seine Bildungsbiografie positiv beeinflussen.
Ein Gesellschaftsjahr verhilft zu der wichtigen Erfahrung, daß alle Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit gebraucht werden und daß Individualismus um die Werte von Gemeinschaft und Solidarität ergänzt werden muß.“

Die Einführung eines Deutschlandjahres stelle zudem „eine Chance dar, um die Bundeswehr wieder in die Mitte der Gesellschaft zu rücken und den Beruf des Soldaten und der Soldatin aufzuwerten“ (Baldauf).

Dieses „Argument“ ist billig – im doppelten Sinn des Wortes: Es kostet nichts - und bringt nichts. Aber es zeigt beispielhaft die innere Krise der CDU: Wer sind wir, und was wollen wir? Wenn die Antwort darauf „Zwang“ heißt, sollte die Partei sehr schnell Abschied nehmen von ihrer Geschichte.

Gewiß, Verantwortung und Freiheit werden oft als Begriffspaar verwendet, auch von der CDU. Dennoch bleibt es ein massiver Eingriff in die Freiheit des Einzelnen, würde die CDU nach der Aussetzung der Wehrpflicht unter der CDU-Kanzlerin Angela Merkel nun eine neue Dienstpflicht einführen.

Verfassungsrechtlich stünde das Pflichtjahr auf tönernen Füßen. Daß es je eingeführt würde, ist nicht zu erwarten. Wohl aber zeigt die CDU mit dieser Forderung, daß auch sie in der Praxis eben doch vom Staat her denkt und nicht, wie sie es in zahlreichen Anträgen und Reden, auch des Vorsitzenden Merz, behauptet, vom Einzelnen her.

Gleichheit statt Gerechtigkeit
Dasselbe schizophrene Mißverhältnis drückt sich im Nebeneinander von Gleichstellungskritik und Gleichstellungspolitik aus. Hier war der Parteitag bereit, die Gerechtigkeit über Bord zu werfen zugunsten eines enormen Eingriffs in die innerparteiliche Demokratie – und Friedrich Merz war an entscheidender Stelle beteiligt, warf sich persönlich für eine sukzessiv bis auf 50 Prozent ansteigende innerparteiliche Frauenquote in die Bresche.

Die Quote ist das schärfste Instrument der Gleichstellungspolitik. Die CDU will zugleich als staatskritisch gelten und als staatsfreundlich, als modern und modernitätsskeptisch, als irgendwie konservativ und ganz gewiß fortschrittlich. Das aber ist kein Ausdruck von politischem Realismus, sondern eher von politischer Schizophrenie.

Die CDU wettert in ihrer Charta gegen die „identitätspolitische Betrachtungsweise, die ein Gemeinwesen in einander gegenüberstehende Gruppen aufspaltet“. Gleichzeitig vollzieht die CDU eine identitätspolitische Wende, spaltet selbst die Gesellschaft auf, indem sie vom Staat mehr Gleichstellung und von sich eine Frauenquote fordert. Die Doppelmoral wird zur Geschäftsgrundlage.

Dasselbe Strickmuster wird bei den Entlastungspaketen deutlich, mit denen die Union die Ampelregierung zu übertreffen versucht. „Noch mehr, noch teurer, noch fragwürdiger steht unausgeschrieben über dem Wünschekanon der CDU. Da ist linkes Wünschdirwas der Vater des Gedankens – und zeigt im Übrigen hierbei den auch in der Union zunehmenden Glauben an die Allmacht und Allzuständigkeit des Staates. Die gerade in dieser Partei so oft beschworenen Begriffe von Leistungsprinzip und Eigenverantwortung werden damit zu wertlosen Vokabeln.

Spätestens jetzt sollte man aber mal innehalten und fragen: Will Merz das alles wirklich? Ist das die CDU, die er steuern will?

Ich glaube das nicht. So abgeschmackt der Trick – so er einer ist – auch sein mag: Quoten-, Gleichstellungs- und Staatsseligkeit gehört gewiß nicht zum ideologischen Instrumentenkoffer eines Friedrich Merz. Aber eine Deutung sei erlaubt: Die Landtagswahl in Niedersachsen hat die Diskussion überschattet, und dafür will Merz die CDU so „fortschrittlich“ wie möglich erscheinen lassen – eine billige Taktik und schon gar keine nachvollziehbare Strategie.

Und man muß mitberücksichtigen, daß alle diese auf dem Parteitag beschlossenen Heilsmittel nicht - wie üblich - „mit großer Mehrheit“ beschlossen wurden. Zum Beispiel stimmten rd. 42 Prozent der Delegierten gegen die Frauenquote, sogar 44 Prozent gegen die „Gleichstellung“.
Selbst bei den Befürwortern wird sich die Begeisterung wohl in engen Grenzen halten. Zum Beispiel registriert die Junge Union eine wachsende Zahl von Austritten, und auch in der Mittelstandsvereinigung ist man unzufrieden. Und das bei den eigentlichen Befürwortern und Stützen von Merz!

Also Notiz fürs Merkbuch von Friedrich Merz als Lehre aus den Parteitagsbeschlüssen: Die Beschlüsse von Hannover sind eher Wasser auf die Mühlen der Grünen, aber bitter für viele „alte“ CDU-Mitglieder. Und wer auf eine schwarz-grüne Koalition hofft, wird einen langen Atem brauchen. Die Verlierer bei diesem Spiel heißen denn auch Merz und CDU, zumal die Christdemokraten noch weit davon weg sind, ihr Kernproblem zu lösen: nämlich ihr  ungeklärtes Verhältnis zu den zentralen Fragen der Freiheit, der Gerechtigkeit und der eigenen Identität. Vielleicht glaubt die Union, daß solche Fragen heute nicht mehr „modern“ sind. Dann aber sollte sie das offen sagen – und sich auflösen. Denn im linken Parteienspektrum ist dieser Platz schon längst besetzt.

A propos besetzt: Der Platz für eine deutlich erkennbare und akzeptable Opposition ist noch immer frei. Auf was wartet die CDU?
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(Red. Anm.: Der vorstehende Artikel ist die angekündigte Ergänzung unseres Beitrages zum CDU-Parteitag: „CDU-Parteitag 9./10. Sept.22: Auf der Suche nach Erneuerung eine Spur von Aufbruch“,  siehe: Die Deutschen Konservativen e.V. - Aktuelles – 20.09.22)


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ITALIEN-WAHL: EUROPA DREHT NACH RECHTS
Von Peter Helmes

Eine Zeitenwende für Italien: Starke Rechte, schwache Linke
Italiens „Schicksalswahl“ ist entschieden. Während die Rechten im Aufwind sind, zersplittern sich die linken Parteien. Ihre traditionelle Verankerung in der italienischen Wählerschaft ist längst Geschichte.

Die italienische Demokratie ist nicht in Gefahr, und die Pro-NATO- und Pro-Europa-Orientierung Italiens steht nicht in Frage
Nach dem Rücktritt des parteilosen Ministerpräsidenten Mario Draghi am 21. Juli löste Staatspräsident Sergio Mattarella das Parlament auf. Draghi hatte seit Februar 2021 eine breite Koalition unter Einschluß fast aller Parteien geführt, verfügte aber zuletzt nicht mehr über das Vertrauen dreier maßgeblicher Koalitionspartner. Regulär hätten Wahlen nach Ablauf der fünfjährigen Legislaturperiode im Frühjahr 2023 stattfinden sollen.

Die Wähler bestimmten am Sonntag, 25.9., über die Zusammensetzung der beiden Parlamentskammern, des Abgeordnetenhauses und des Senats. Wahlberechtigt waren gut 51,5 Millionen Italiener, anderthalb Millionen mehr Frauen als Männer. Knapp drei Millionen Wahlberechtigte waren Erstwähler. Anders als in Deutschland haben die Wähler keine Erst- und Zweitstimme für das Direktmandat und das Listenmandat, sondern jeweils nur eine Stimme für beide Kammern – auf einem gelben Wahlschein für den Senat und einem rosafarbigen für das Abgeordnetenhaus. Ein Stimmensplitting zwischen Direkt- und Listenmandat, zwischen Wahlkreiskandidat und Parteiliste ist nicht möglich.

Einzelne Parteien müssen mindesten 3% der Stimmen auf nationaler Ebene nachweisen, um ins Parlament zu kommen. Im Fall von Koalitionen liegt die Sperrklausel bei 10%, wobei jede einzelne Partei des Bündnisses mindestens 1% der Stimmen erreichen muß. Auch dieses System dürfte eher die Rechte bevorteilen; denn die einzelnen Komponenten ihrer Koalition erreichen deutlich über 1 Prozent der Stimmen, während es im linken Feld eine außerordentlich große Zersplitterung gibt.

Zum ersten Mal seit den Anfängen der Italienischen Republik werden beide Kammern des Parlaments um ein Drittel kleiner sein. Ein vor allem von der 5-Sterne-Bewegung gewollte Volksabstimmung hatte im Jahr 2020 zu einer dahingehenden Verfassungsänderung geführt. Statt 900 wird es nur noch insgesamt 600 Parlamentarier geben.

Die EU muß umdenken
Für Italien könnte die Wahl zur Zeitenwende werden, besonders in der Beziehung zur EU: Auf die „europafreundlichste Regierung aller Zeiten“, jene von Mario Draghi, folgt die europa-kritischste, ja -feindlichste Exekutive, die das Land je gesehen hat. Aber Meloni, Salvini und Berlusconi sind, abgesehen von ihrem Hang zu Populismus, in fast allem uneins: in der Finanz- und Steuerpolitik, bei den Sanktionen gegen Russland und den Waffenlieferungen an Kiew, bei der regionalen Autonomie, beim Wiederaufbaufonds.

Fratelli d'Italia
Das Mitte-Rechts-Bündins hat jetzt die Möglichkeit, die neue Regierung zu stellen. Diese Gruppe hat nie einen Hehl daraus gemacht, russland- und putinfreundlich zu sein. Die Fratelli d'Italia gelten als Sammelbecken zahlreicher Post- und Neofaschisten, bei denen Diktator Benito Mussolini noch heute offen verehrt wird. Auch wenn Meloni versichert, zwar rechts, aber nicht extrem zu sein.

Die 45-jährige Meloni bemüht sich zwar, das Etikett „postfaschistisch“ loszuwerden, das ihrer Partei anhaftet. „Nostalgiker des Faschismus“ hätten in ihrer Partei „keinen Platz“, erklärte sie. Doch Zweifel an ihrer rechtskonservativen Einstellung läßt Meloni nicht aufkommen. In ihren Reden wettert sie gegen die EU, die „Bürokraten aus Brüssel“, gegen „Masseneinwanderung“, der sie mit einer Seeblockade gegen Boote aus Nordafrika beikommen will. Meloni hält Brandreden gegen Abtreibungsrechte, gegen Migranten aus mehrheitlich muslimischen Ländern und gegen die „LGBT-Lobby“, sie verspricht härteres Durchgreifen der Polizei.

Aber man sollte sich nichts vormachen: Die Italiener haben Giorgia Meloni nicht wegen ihrer faschistischen Wurzeln gewählt, sondern aus Protest gegen jene, die bisher regierten. Der Pakt der Rechten hat zwar gereicht, die Wahl zu gewinnen. Ob er aber auch reicht, um in der gesamten Legislatur gemeinsam zu regieren – das ist eine andere Frage. Nach sechs oder zwölf Monaten könnte der Traum auch schon wieder vorbei sein.

Wahlbeteiligung auf historischem Tiefstand
Ein Wermutstropfen in dem klar rechten Wahlergebnis ist die rekordniedrige Wahlbeteiligung und eine klare geographische Schieflage zwischen Nord und Süd. Meloni profitierte auch von einer großen Politikverdrossenheit der Italiener. Das Land schaffte mit einer Wahlbeteiligung von rund 64 Prozent einen Negativrekord – das sind fast 10 Prozentpunkte weniger als bei der Parlamentswahl 2018. In manchen Regionen, vor allem im Süden des Landes, ging fast jeder zweite Erwachsene nicht zur Wahl. Die Koalitionskameraden Matteo Salvini und Silvio Berlusconi sind zwei der größten Verlierer. Auf die sehr rechtsorientierte Partei Fratelli d’Italia warten nun Verhandlungen über Ämter und Inhalte.

Italien bleibt europatreu
Die Rechtskoalition kann man zwar als ein alarmierendes Signal für die europäische Integration werten, doch in Italien wird es keine Wende hin zum Autoritarismus geben. 

Meloni weiß sehr gut, daß jeder ihrer Schritte vom Europäischen Wiederaufbaufonds abhängt und Italien sich mit seiner hohen Inflation keine radikalen Schritte leisten kann.

Aber einerseits: Meloni ist eine pragmatische Politikerin, und die italienische Republik hat starke Institutionen und eine fest verwurzelte Demokratie. Italien war schon immer ein nach rechts tendierendes Land. Es gab in Italien auch schon mit Mitte-Rechts-Regierungen. Die italienische Demokratie ist nicht in Gefahr, und die Pro-NATO- und Pro-Europa-Orientierung Italiens steht nicht in Frage.

Andererseits: Noch nie zuvor jedoch wurde eine Regierung in Westeuropa von einem neofaschistisch inspirierten rechten Flügel geführt, der seine anti-europäische Skepsis und seinen kriegerischen Nationalpopulismus unverfroren zur Schau stellt. Italien neigt offen zur extremen Rechten. Europa wird sich aber gegen alle wehren müssen, die danach streben, die EU selbst zu destabilisieren.

Und Meloni wird vor allem als Machtfaktor in der EU mitwirken. Gemeinsam mit ihren engen Partnern Ungarn und Polen will sie sich gegen das Diktat der Kommission stemmen. Ursula von der Leyen und ihre Kommission werden die Rechtspopulisten in Zukunft nicht mehr nur von oben herab zu Rechtsstaatlichkeit und gemeinsamen Regeln mahnen können und auf Einlenken hoffen, sondern Überzeugungsarbeit in der Sache leisten müssen. Die Rechtspopulisten sind wieder da, höchste Zeit, sich daran zu gewöhnen und zu planen, wie man mit ihnen inhaltlich zusammenkommt. Empörung reicht da sicher nicht.

Seit der letzten Parlamentswahl 2018 gab es drei Koalitionen mit unterschiedlichsten Vorzeichen. Fast alle Parteien haben einmal irgendwie mitregiert und dabei wilde politische Verrenkungen machen müssen. Nur die Fratelli d’Italia haben sich herausgehalten und sind konsequent in der Opposition geblieben. Deshalb kann Giorgia Meloni nun vom Protestvotum profitieren. Obwohl sie seit Jahrzehnten politisch mitmischt, wird sie als Außenseiterin wahrgenommen. „Wir haben alles andere ausprobiert, geben wir ihr nun eine Chance“, scheint die überwiegende Meinung in der Bevölkerung zu sein.

Für Italien, das finanziell mit sehr hohen Staatsschulden ohnehin stark angeschlagen ist, ist es an der Zeit, die Zusammenarbeit mit der EU zu verstärken und sich nicht allzu sehr gegen die EU zu positionieren. Allerdings kann sich auch die 45-jährige Meloni von ihren bisherigen Behauptungen wohl nicht um 180 Grad wenden. Kostenlose Kita, Kindergeld-Erhöhung oder Maßnahmen gegen Inflation – jedes ihrer Wahlversprechen wird zu einem stark verschuldeten Haushalt führen, was einen bedenklichen Faktor für Italiens Kreditwürdigkeit darstellen wird.

Ihre wichtige Aufgabe ist, die Bevölkerung in dieser schwierigen Situation des Staates zusammenzuhalten und das Land zu einer besseren Konjunktur zu führen. Aber ob ihr das  gelingt, in einem Europa, das sich gerade auf dem Weg zur Stagflation befindet? Ihre größte Herausforderung ist die Wirtschaft des Landes. Italien hat eine enorme Staatsverschuldung, die Bevölkerung leidet unter der hohen Inflation, und ein Viertel der Jugendlichen hat keinen Job.

Gott, Familie und Vaterland an oberster Stelle
Die „Fratelli“ werden Italien gewiß nicht in eine neue faschistische Diktatur verwandeln. Das Land ist heute ein ganz anderes als in den 1920er Jahren. Die demokratischen Strukturen sind gefestigt, Italien ist politisch und wirtschaftlich stark in Europa integriert. Um breitere Wählerschichten anzusprechen, hat sich Meloni im jüngsten Wahlkampf denn auch vom Faschismus distanzieren müssen. Sie bleibt aber eine Vertreterin der extremen Rechten, für die Gott, Familie und Vaterland an oberster Stelle stehen und illiberale Demokratien wie Ungarn und Polen natürlichere Verbündete sind als Frankreich oder Deutschland.

Eine besondere Botschaft Melonis lautet: „Italien zuerst“
Damit meint sie scharfe Einwanderungsgesetze und Aufnahmezentren für Asylbewerber in Afrika. Diese Botschaft kommt an in Italien, wo seit Jahresbeginn mehr als 40.000 Migranten über das Meer gekommen sind. Fast 80 Prozent der Italiener finden, daß das zu viele sind. Eine große Mehrheit der Wähler will deshalb vor allem eine andere Migrationspolitik, und solange diese Frage nicht gelöst ist, wird es einen Nährboden für die Rechten geben.

Meloni will, daß EU-Recht wieder unter nationale Gesetze rückt. Sie wünscht sich starke Nationalstaaten statt einer Union.
Das ist ganz nach dem Geschmack von Ungarns Regierungschef Orban und der nationalkonservativen PiS-Partei aus Polen. Nachdem die rechtspopulistischen Schwedendemokraten in dem skandinavischen EU-Land an die Macht kommen dürften, hätte Italien die vierte rechte Regierung der Union. Von anderen europäischen Rechtsparteien unterscheidet Meloni und ihre FDI aber die Haltung zum Ukraine-Krieg: Meloni hat sich unmißverständlich auf die Seite Kiews gestellt und unter anderem Waffenlieferungen an das Land befürwortet.

Unter der Regierung Meloni werden sich die Beziehungen zu Brüssel abkühlen. Weil das hochverschuldete Italien aber auf die Milliarden aus dem Wiederaufbaufonds der EU angewiesen ist, gibt es wenig Spielraum für ernsthafte antieuropäische Provokationen oder budgetäre Abenteuer. Das wird Melonis Hauptproblem werden.

„Bestrafung Italiens“ angedroht
Der EU-Kommissar für Wirtschaft und Steuern, Paolo Gentiloni, sagte am Montag, 26. September 2022, vor dem Wirtschaftsausschuß des EU-Parlaments, er stimme mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über die Möglichkeit einer Bestrafung Italiens nach dem Wahlsieg der EU-skeptischen Kräfte überein. Gentiloni, der früher sozialistischer Ministerpräsident Italiens war, meint also tatsächlich, daß die Kommission Italien über das sogenannte Artikel-7-Verfahren ächten  könnte.

Ein solches Vorgehen wäre nicht neu. Kürzlich hat die Kommission dieses Verfahren gegen Ungarn und Polen angewandt. Gentilonis Aussage beweist, daß die EU-Kommission bereit und bestrebt ist, die demokratische Entscheidung des italienischen Volkes zu untergraben. Das aber ist gewiß kein Zeugnis gelebter Demokratie; denn das Volk in Italien hat nun mal in einer fairen, demokratischen Wahl so abgestimmt. Wer gibt den europäischen Funktionären das Recht, sich darüber hinwegzusetzen?

Aus dem Programm der Fratelli Italia:
Europa sollte Meloni und ihren „Fratelli“ eine faire Chance und den nötigen Respekt entgegenbringen. Wenn sich die „Fratelli“ an ihr eigenes Programm halten, stehen die Chancen dazu nicht schlecht:

„Für uns gehen die Freiheit und die Rechte der Personen vor jeder ideologischer Vision.“
Hört sich nun wirklich nicht nach Faschismus an!

Aus der Präambel der „Fratelli D'Italia“:
Steuererleichterungen für Familien, Flat Tax Ausweitung für Kleinstunternehmen, Stärkung der Unternehmenswettbewerbsfähigkeit, Ausmistung des hochbürokratischen italienischen Arbeitsrechts, Verbesserung des Gesundheitswesens, klare Absage an den "Digitalen Bürger" nach chinesischem Vorbild, Absage an jeglichen Versuch, Frauen in "unterworfenen Positionen" festzuschreiben, Stop der illegalen Migration, Pro Europa, Pro Nato, gegen die "russiche Aggression in der Ukraine", Verteidigung der "klassischen jüdisch-christlichen Fundamente Europas und seiner fundamentalen Werte von Freiheit, Demokratie, Solidarität, Subsidiarität und Rechtsstaatlichkeit".

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„Frau, Leben, Freiheit!“
Von Peter Helmes

Die Proteste in Iran gegen das Mullah-Regime nehmen zu

Bei der Niederschlagung der Proteste nach dem Tod von Mahsa Amini sind nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mindestens 50 Menschen getötet worden. Die Regierung in Teheran hat das Internet abgeschaltet, um die Verbreitung von Informationen über die Proteste zu verhindern und um das Land weiter in die Isolation zu treiben. Wie bei den meisten Aufständen war das Ereignis, das sie ausgelöst hat, nur ein Funke. Die Tatsache, daß  die Gesellschaft bereit ist zu brennen, ist gut dokumentiert, und in diesem speziellen Fall ist die Ursache die Forderung, die in einer Parole deutlich wird: ‚Frau, Leben, Freiheit!‘

Entzündet haben sich die Proteste am gewaltsamen Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini. Das Bild der 22-jährigen Mahsa, die schwer verletzt an einem Beatmungsgerät um ihr Leben kämpft, hat viele bewegt. Es ist das Bild einer unschuldigen jungen Frau, die nichts anderes getan hat, als aus der Provinz nach Teheran zu reisen, um ein paar schöne Tage zu genießen, und dabei in die Hände der Religions- und Sittenpolizei geriet, die sie wegen angeblich unzüchtiger Bekleidung zu Tode prügelte. Die Behauptung von Präsident Raisi, es sei ein bedauernswerter Vorfall gewesen, verfängt nicht. So viele haben Erfahrung mit der Sittenpolizei und können sich mit Amini identifizieren. An ihrer Stelle hätte jedes Mädchen oder jede Frau sein können. Das treibt so viele auf die Straße. Bewundernswert ist dabei der Mut der Frauen, die sich den Sicherheitskräften in den Weg stellen und ihre Kopftücher vom Haupt reißen – oder der Männer, die mit bloßen Händen Polizisten zurückdrängen.

Die Proteste im Iran, rund ein Jahr nach dem Machtwechsel vom schiitisch-gemäßigten Präsidenten Rohani zum ultrakonservativen Raisi, kommen nicht von ungefähr. Sie spiegeln die öffentliche Meinung wider, die schon lange im Bewußtsein der Bevölkerung verankert ist. Die Demonstrationen im Iran für Freiheit und für die Menschenrechte der Frauen zeigen eine Kraft, die von universellen Wertvorstellungen und der Globalisierung angetrieben wird. Dagegen kann sich auch die ultrakonservative Regierung in Teheran nicht mehr wehren. Die Ausweitung der Proteste könnte zu einer grundlegenden Veränderung der iranischen Gesellschaft führen.

Es geht um die Unterdrückung der Frauen und die Beschneidung persönlicher Freiheiten durch religiöse Vorschriften. Vor allem die jüngere Generation ist immer weniger bereit, sich dem Diktat der Kleriker zu unterwerfen, und sieht sich um ihre Zukunft betrogen. Das Regime bremst jeden Fortschritt im Iran und regiert mit eiserner Faust. Aber das bedeutet auch, daß die Gewalt weitergehen oder eskalieren kann, solange sich die jungen Iraner nicht ergeben.

Kopftuch falsch? Kopf ab!
Im Nahen Osten setzen autoritäre Staaten auf die Unterdrückung der Frauen, um von ihrem eigenen Versagen abzulenken – etwa darin, die täglichen Probleme der Bevölkerung zu lösen. Die Frauen stehen im Zentrum, weil die Regierungen damit diejenigen Bürger gewinnen können, die eine vergleichbar rückständige Weltsicht haben.

Seit dem Amtsantritt von Präsident Raisi im vergangenen Jahr hat die Unterdrückung zugenommen. Unter seinem Vorgänger Rohani wollte der Iran stärker nach Westen blicken und war zu einem Atomabkommen als Gegenleistung für eine Lockerung der Sanktionen bereit. Aber der überraschende Ausstieg der USA aus dem Abkommen unter Trump hat den moderaten Flügel der Regierung geschwächt und mit Raisi einen konservativen Politiker an die Macht gebracht.

Die Sanktionen haben der iranischen Wirtschaft enorm geschadet, was ebenfalls immer wieder Protestwellen auslöste. Es wird vermutet, daß dabei hunderte Menschen ums Leben kamen. Das Regime hat inzwischen seine Gangart verschärft, vor allem gegenüber Frauen.  Aber die aktuellen Proteste sind wohl nur ein kurzer Sieg, ein Moment der Freiheit und der Euphorie, der nicht lange anhalten dürfte.

China und Russland werden ihren Schulterschluß mit Teheran verstärken, weil sie ähnliche Proteste im eigenen Land befürchten. Der Westen wird vermutlich lieber über eine Rückkehr zum Atomabkommen verhandeln, statt den Demonstrantinnen zu helfen. Die Bevölkerung ist erschöpft und verarmt – und sie steht einem fast unbesiegbaren Sicherheitsapparat gegenüber.

Trotzdem – oder gerade deshalb? – kommt es jetzt in Iran nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini zu Protesten. Die junge Frau war vor einer Woche in Teheran von der Religionspolizei wegen angeblich „unislamischer“ Kleidung festgenommen worden: Sie hatte ihr Kopftuch nicht „religionsgerecht“ gebunden. Sie verstarb wenig später im Krankenhaus.

„Tod dem Diktator!“
Das Regime spricht von einem Herzinfarkt, aber die Familie will nicht daran glauben. Ebenso wenig konnten die Mullahs damit die Proteste verhindern, die sich seither ereignen. Vor dem Krankenhaus versammelten sich Demonstranten, die mit Gewalt von der Polizei vertrieben wurden. Die sozialen Medien füllen sich mit Aufnahmen von Frauen, die aus Protest ihre Kopftücher verbrennen und sich die Haare abschneiden. Auf Aminis Beerdigung rissen sich Frauen demonstrativ die Kopftücher herunter, und es ertönte der Ruf „Tod dem Diktator“.

Auf einem Film ist der Ruf einer Frau zu hören: „Wie viel Erniedrigung müssen wir noch erdulden?“. Die Frage ist ebenso traurig wie relevant – erst recht, solange sie die iranische Polizei mit Tränengas und Massenverhaftungen beantwortet.

Natürlich wurde der offizielle forensische Bericht zur genauen Todesursache von Mahsa Amini noch nicht veröffentlicht. Aber was auch immer das Ergebnis dieser Untersuchung sein mag, es wird von der Bevölkerung nicht so einfach akzeptiert werden. Die Menschen vertrauen dem Staat nicht mehr. Zu groß ist inzwischen die Kluft zwischen Volk und Staatsgewalt.

Nun scheint es, daß mehr als 16 Jahre nach dem offiziellen Beginn der „Sittenwächter-Patrouille“ eine grundlegende Überprüfung dieser Institution sowie des Hijab-Gesetzes erfolgen muß. Im Wesentlichen ist eine Überprüfung der Gesetze, die mit Gewalt durchgesetzt werden, die Verzweiflung, soziales Unbehagen und eine unterschwellige landesweite Wut verursachen und damit einen hohen Preis fordern, längst überfällig.

Das scheint auch die Regierung zu spüren; denn für sie sind die Proteste eine große Herausforderung, zumal das Regime derzeit auch über eine Neuauflage des Atomabkommens verhandelt. Präsident Raisi weilte gerade bei der UNO-Vollversammlung in New York, um dort die Stimme des Iran gegenüber der Welt zu erheben, und er versprach eine Untersuchung des Falls.

Aber seine ultrakonservative Regierung geht währenddessen weiter mit Härte gegen die Bevölkerung vor. US-Außenminister Blinken erklärte, Teheran müsse die systematische Verfolgung von Frauen beenden und die Proteste erlauben, wenn der Iran die Rolle des internationalen Parias ablegen wolle. Auch wir in Europa dürfen nie vergessen, welchen Mut diese Frauen täglich unter Beweis stellen.

Zum anderen läßt sich durch den Angriff auf die Hälfte der Bevölkerung möglicher Protest insgesamt besser unterdrücken. Gerade darum sind die Kundgebungen nach dem furchtbaren Tod von Mahsa Amini eine gute Nachricht in dieser dunklen Region: Männer und Frauen protestieren gemeinsam gegen dieses tyrannische Regime. Diese Gemeinsamkeit zeigt, daß  sich die gesamte Bevölkerung unterdrückt fühlt. So erinnert die Situation an die Lage vor dem „Arabischen Frühling“, der im revolutionären Prozeß in der Region nur ein erster Schritt von vielen war.

Bei aller gebotenen Diplomatie: Der Westen muß gegen die barbarischen Unterdrücker in Iran Härte zeigen und beweisen. Freundliches Abnicken ist da gewiß nicht hilfreich. Die freie Welt muß ihren Beitrag leisten, indem sie sich klar äußert und an den Sanktionen festhält.

IRANISCHE FRAUEN RISKIEREN ALLES FÜR IHRE FREIHEIT. NIE DÜRFEN WIR UNS VOR IHREN UNTERDRÜCKERN VERNEIGEN.

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Das Gegenmittel zur Tyrannei ist die Freiheit, nicht die Demokratie oder eine internationale Regierung
von J.B. Shurk *)

Die politische Sprache manipuliert die politische Debatte. Abtreibungsgegner, die sich selbst als "Pro-Life" definieren, machen Abtreibungsbefürworter semantisch zu "Pro-Death". Abtreibungsbefürworter, die sich selbst als "Pro-Choice" definieren, machen jede Opposition semantisch zu "Anti-Choice". Wer will schon "Pro-Tod" oder "Anti-Wahlmöglichkeit" sein? Das ist das Wesen der Politik. Worte sind Waffen: Wenn sie geschickt eingesetzt werden, bestimmen sie das Schlachtfeld in unserem Kopf.

Was bedeutet es also, wenn westliche Politiker heutzutage so viel von Demokratie, aber so wenig von individuellen Rechten sprechen? Oder dass sie die Tugenden internationaler Institutionen predigen, während sie den Nationalismus als fremdenfeindlich und gefährlich verteufeln? Es bedeutet, dass die nationale Souveränität und die natürlichen, unantastbaren Rechte überall im Westen direkt angegriffen werden.

Für europäische und amerikanische Politiker ist es üblich geworden, die Welt in "demokratische" und "autoritäre" Nationen aufzuteilen, wobei die ersteren als von Natur aus gut und die letzteren als existenzbedrohend für den Planeten bezeichnet werden. Natürlich ist es nach mehr als zwei Jahren COVID-19-bezogener Masken-, Impf- und Reisevorschriften, die im Westen oft durch einseitige Exekutiv- oder Verwaltungsmaßnahmen – und nicht durch den Willen der Legislative oder ein öffentliches Referendum – durchgesetzt wurden, etwas schwierig zu behaupten, dass demokratische Nationen frei von autoritären Impulsen sind.

Wenn Präsidenten und Premierminister unter dem Vorwand von "Notstandsbefugnissen" ihre eigenen Gesetze erlassen und durchsetzen, dann sollten die Bürger nicht überrascht sein, wenn ihre Führer einen endlosen Vorrat an "Notfällen" entdecken, die dringende Maßnahmen erfordern. Sollte man an dieser Wahrheit zweifeln, braucht man nur einen Blick auf die eiserne Entscheidung des kanadischen Premierministers Justin Trudeau zu werfen, der Anfang des Jahres die friedlichen Proteste der Trucker des Freedom Convoy gegen experimentelle Impfstoffe mit der Beschlagnahmung von Bankkonten und gewaltsamen Verhaftungen niederschlug, ohne Rücksicht auf ein ordentliches Verfahren oder die Meinungsfreiheit der Kanadier. Der von Trudeau ausgerufene "Notstand" übertrumpfte die individuellen Rechte der kanadischen Bürger.

Es ist auch wahr, dass die Demokratie an sich keine Garantie für eine edle und gerechte Gesellschaft ist. In einer gut funktionierenden Demokratie mit hundert Bürgern können einundfünfzig darüber abstimmen, den anderen neunundvierzig Eigentum, Freiheit und sogar das Leben zu verweigern. Sollte ein Mitglied der Minderheit vom Staat versklavt oder zum Tode verurteilt werden, nur weil die Mehrheit es so will, wird es nicht das Lob der Demokratie singen, während ihm der Hals durch die Schlinge gezogen wird.

Die Grundsätze des Föderalismus (bei dem die Zuständigkeit der souveränen Regierung zwischen einer zentralen Behörde und ihren lokalen Bestandteilen aufgeteilt ist) und der Gewaltenteilung (bei der die Funktionen der Justiz, der Legislative und der Exekutive auf verschiedene und unabhängige Zweige der Regierung aufgeteilt sind) bieten starke Kontrollen gegen die Konzentration und den Missbrauch von zu viel Macht.

Den größten Schutz gegen ungerechte Regierungsgewalt (ob demokratisch oder nicht) bietet jedoch das traditionelle Bekenntnis des Westens zu den natürlichen Rechten, die unabhängig von der verfassungsmäßigen Autorität bestehen und ihr übergeordnet sind. Wenn die natürlichen Rechte als unantastbar angesehen werden, wie es in der Unabhängigkeitserklärung der USA der Fall ist, kann die freie Meinungsäußerung nicht einfach deshalb zensiert werden, weil die Regierung mit ihr nicht einverstanden ist. Wenn Privateigentum als inhärentes Recht des Einzelnen verstanden wird, könnte Trudeau nicht so einfach auf private Bankkonten zugreifen, wann immer er einen "Notfall" ausrufen möchte. Wenn jedoch die natürlichen Rechte des Einzelnen als bloße "Geschenke" der Regierung betrachtet werden, verschwinden sie schnell, wann immer die Regierung es für zweckmäßig hält.

Immer häufiger werden die Rechte des Einzelnen als "egoistisch" und dem "Gemeinwohl" zuwiderlaufend angegriffen. Sollten die Regierenden die Bürger davon überzeugen, dass persönliche Rechte nicht existieren oder nicht existieren sollten, dann werden autoritäre Regierungen mit verschiedenen Ausprägungen des Kommunismus oder Faschismus an die Tür klopfen.

Die Rechtsstaatlichkeit entschuldigt keine Tyrannei, nur weil etwas Unrechtes demokratisch beschlossen wurde. Wenn eine stimmberechtigte Minderheit den Launen der Mehrheit ausgeliefert ist, dann kommt dieser Minderheit auch eine demokratische Regierung äußerst autoritär vor. Und wenn Ihr Leben, Ihre Freiheit oder Ihr Eigentum auf dem Spiel stehen, ziehen Sie vielleicht die Beurteilung eines gütigen Diktators den Forderungen eines rachsüchtigen, aber "demokratischen" Pöbels vor.

Das Gegenteil von Tyrannei ist nicht Demokratie, sondern Freiheit und individuelle Rechte. Ist es da nicht erstaunlich, dass westliche Führer die Demokratie preisen, aber den persönlichen Freiheiten so wenig Respekt zollen? Sicherlich sollte die westliche Zivilisation die hart erkämpften Siege der Redefreiheit, der Religionsfreiheit und des freien Willens würdigen. Sicherlich sollte der Fortschritt der menschlichen Freiheit als ein Triumph der Vernunft und Rationalität über feudale Machtsysteme und ihre herrischen Formen der Kontrolle gefeiert werden. Sicherlich unterscheidet sich jede "freie" Gesellschaft von autoritären Regimen durch den unerschütterlichen Schutz unantastbarer Menschenrechte, die unabhängig vom gesetzlichen Recht gelten. Doch von Freiheit, Ungebundenheit und individuellen Rechten ist selten die Rede. Stattdessen preisen die politisch Verantwortlichen die "Tugenden" der Demokratie an und sonst nichts. Es ist, als ob ein sprachlicher Taschenspielertrick die westlichen Bürger ihres wertvollsten Erbes beraubt hätte.

Wenn die politischen Führer des Westens rhetorisches Voodoo benutzt haben, um die "individuelle Freiheit" durch vage Vorstellungen von "Demokratie" zu ersetzen, haben sie sich auf eine ähnliche Hexerei verlassen, um die nationale Souveränität durch internationale Regierungsformen zu ersetzen. Was sind die Europäische Union, die Vereinten Nationen und die Weltgesundheitsorganisation anderes als institutionelle Strukturen zur Schwächung des individuellen Wahlrechts der Bürger einer Nation, indem sie einst souveräne nationale Befugnisse an Nicht-Bürger abgeben?

Ist es nicht seltsam, dass westliche Führer die Demokratie gegenüber dem Autoritarismus loben, während sie gleichzeitig die Macht ihrer Wähler schmälern und die Autorität ausländischer Institutionen stärken? Sollten "demokratische" Nationen nicht selbst über ihr Schicksal entscheiden? Wenn nicht, wenn sie sich der Autorität der EU, der UNO oder der WHO beugen müssen, können einzelne Nationen dann noch behaupten, demokratisch regiert zu werden?

"Nationalismus" ist heutzutage zu einem Schimpfwort verkommen, als ob alles, was im Interesse einer bestimmten Nation geschieht, per se verdächtig wäre. Bürger, die patriotischen Stolz auf ihre Kultur und nationale Geschichte zum Ausdruck bringen, werden oft als engstirnig oder geradezu bigott abgetan. Politische Bewegungen, die für nationale Selbstbestimmung eintreten (wie Präsident Trumps MAGA-Koalition in den USA und Brexit in Großbritannien), werden routinemäßig als "faschistisch" oder "neonazistisch" verspottet. Selbst wenn sie in demokratischen Wahlen siegen, werden sie als "Bedrohung" für die Demokratie abgestempelt.

Warum aber sollten größere, umfassendere internationale Regierungsformen als tugendhafter und weniger korrupt angesehen werden als ihre nationalen Formen? Als die Römische Republik zum Römischen Reich wurde, wurden da die internationalen Institutionen von Natur aus vertrauenswürdiger? Als das Heilige Römische Reich große Teile Europas vereinigte, erschienen da seine Kaiser weniger autoritär? Wäre es Hitlers Nazipartei gelungen, ganz Europa zu erobern, hätte dann seine "Europäische Union" mehr Legitimität verdient als die nationalen Regierungen von Polen, Belgien oder Frankreich?

Es ist sicherlich ebenso absurd, internationale Institutionen ohne Rücksicht auf ihre Form gegenüber nationalen Regierungen zu loben, wie es absurd ist, die Demokratie ohne Rücksicht auf persönliche Freiheiten und individuelle Rechte zu loben. Sicherlich ist es einfacher, die Taten eines lokalen Politikers zu überwachen, als einen weit entfernten Regierungsbeamten in Washington, D.C., New York City, Brüssel oder Genf zur Verantwortung zu ziehen. Dennoch wird internationalen Gremien heute großer Respekt gezollt, während nationale Gremien oft mit Geringschätzung behandelt werden. Es ist, als sei die nationale Souveränität zerstört worden, weil man den Stimmen der demokratischen Nationen nicht trauen kann, wenn es um internationale Interessen geht. Wenn die westlichen Staats- und Regierungschefs die Sprache des Weltwirtschaftsforums nachplappern, scheint es nicht so, als ob sie ihre Marschbefehle von ihren eigenen Wählern erhalten. Sich auf nicht gewählte, intransparente und nicht rechenschaftspflichtige Organisationen zu verlassen, scheint ein ziemlich seltsamer Weg zu sein, um Autoritarismus zu bekämpfen.

Wenn nationalen Bevölkerungen die Selbstbestimmung verweigert wird und persönliche Freiheiten als Privilegien und nicht als Rechte behandelt werden, dann ist die Tyrannei nie weit davon entfernt, Fuß zu fassen. Diese Realität hinter sprachlichen Manipulationen zu verstecken, ändert nichts an ihrer starken Wahrheit. Damit werden lediglich strittige politische Kämpfe auf einen späteren, brisanteren Tag verschoben.

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*) JB Shurk schreibt über Politik und Gesellschaft.
Englischer Originaltext, https://de.gatestoneinstitute.org/18937/gegenmittel-tyrannei-freiheit.  The Antidote to Tyranny is Liberty, Not Democracy or International Government, Übersetzung: Daniel Heiniger


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Ökomarxistischer Bombenterror und Pipeline-Attentate
Von Peter Helmes

Die Strategie der Medien: verniedlichen – schönreden – loben – verheimlichen
Wann stoppen wir den ökomarxistischen Wahnsinn?
Nachdem die überwältigende Mehrheit der Wähler in bedeutenden europäischen Ländern wie Italien, Schweden, Tschechien, Polen und Ungarn realpolitisch handelnde und denkende konservative Regierungen beauftragt haben, den öko-marxistischen Klima-Wahn zu beenden und zu einer menschlichen Politik zurückzukehren, die auch den Ärmsten der Armen Freiheit, Wohlergehen, Gerechtigkeit und Solidarität garantiert, radikalisiert der Absturz der Grünen und Roten zunehmend deren „Revolutionäre“ in den Reihen von „Ende Gelände“ und „Fridays  for Future“.

Sie sagen, es sei Zeit für radikal „antikapitalistische“ Terroranschläge im Sinne einer extrem gewaltbereiten neuen Formation.

Bereits am 14. Juni 2022 erfolgte der Startschuß zum grünen Terror durch die offensichtlich sehr gewaltbereite Luisa Neubauer, eine der deutschen Wortführerinnen der „revolutionären großen Transformation“, die unsere Demokratie und unsere Wirtschaftsordnung in einen diktatorischen Terrorstaat umwandeln will, in dem jede Freiheit, jeder Wohlstand, jede Solidarität mit der arbeitenden Bevölkerung radikal unterdrückt werden sollen.
Da dieses „Ziel“ der „Klima-Aktivisten“ nicht mit freien, demokratischen Wahlen erreicht werden kann, müssen Terroranschläge folgen, die die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen.

„Wir planen, eine Pipeline in die Luft zu jagen“, sagte Neubauer lachend auf Englisch in einem Video, das in geistiger Übereinstimmung mit dem schwedischen Anarcho-Trotzkisten  Andreas Malm*) während des sog. „Copenhagen Democracy Summit“ in Kopenhagen produziert worden war und zurückgeht auf Malms Buch und Film mit dem Titel: How to Blow Up a Pipeline.
(* Andreas Malm gilt als Sprecher und Vorreiter des grün-roten anarcho-trotzkistischen Terrors.)
www.welt.de/politik/deutschland/article239341411/Luisa-Neubauer-irritiert-mit-Scherz-zu-Afrika-Projekt-Pipeline-in-die-Luft-jagen.html)

Im Beitrag der „Welt“ vom 14.06.22 heißt es am Ende des Artikels (Zitat):

„Es droht ein Klimaterrorismus. Staatsanwaltschaft und BfV dürfen nicht länger zuschauen und müssen handeln: Keine Toleranz bei Gewalt und Gewaltandrohungen von wohlstandsverwahrlosten Berufsjugendlichen, die den Einstieg in den Öko-Terrorismus vorbereiten.“

Siehe auch den Artikel aus der Hannoverschen Zeitung (14.06.22)
Zitate:

„Pipelines in die Luft jagen“: der schwedische Vordenker Andreas Malm und seine deutsche Inspiration
Mit einem Video vom Copenhagen Democracy Summit in ihrer Instagram-Story sorgt Neubauer jetzt sogar für Verstimmung bei Wohlmeinenden. Sie filmte sich und sagte auf Englisch: „Natürlich denken wir darüber nach, wie man die längste Rohölpipeline der Welt in die Luft jagen könnte“

Malm für kompromißlosen Klimakampf
Als „Quelle der Inspiration“ für europäische Klimaschützer (und –schützerInnen) und als Rückgrat der deutschen Bewegung nennt Malm die Aktivisten von „Ende Gelände“. In dem Zusammenschluß verschiedener Initiativen aus den Anti-Atom- und Anti-Kohle-Bewegungen, der etwa für die Proteste im Hambacher Forst und Aktionen in Kohletagebauen steht, sieht der Schwede ein Vorbild für kompromißlosen Klimakampf. „Ende Gelände“-Vordenker Tadzio Müller, der einmal im „Spiegel“ von einer „ RAF“ sprach, bezeichnet Malm als „brillanten Strategen“.
(Aus: www.haz.de/politik/luisa-neubauers-pipeline-scherz-wer-ist-andreas-malm-A5XVMLESMBH6NJSFVJFZQQSACM.html)

Und ca. drei Monate später, am 27.09.22, nachdem Neubauer die Sprengung von Pipelines angekündigt hatte, berichten die deutschen Medien von den Pipelines North Stream I und II, daß dort an mind. drei Stellen Lecks aufgetreten seien, aus denen Methan-Gas in die Ostsee „sprudelt“. Über die Ursache könne man jedoch noch nichts sagen. Es könne sich durchaus um einen bedauerlichen Unfall handeln.

Erst am 28. September berichtet rp-online (um 8 Uhr 50):
„Lecks an Nord-Stream-Pipelines:
Offenbar Detonationen unter Wasser – Verdacht auf Sabotage“
https://rp-online.de/politik/deutschland/nord-stream-1-und-2-lecks-sabotage-nicht-ausgeschlossen_aid-77445363

Gleichzeitig wird erneut von den Medien der Verdacht auf Sabotage, genauer gesagt auf einen marxistischen Terrorakt durch sog. „Umwelt-Aktivisten“, verniedlicht: „…die Ursache ist noch völlig ungeklärt“.
Stattdessen wird in rp-online behauptet, daß diese Anschläge auf die Pipelines nur von einem Staat stammen könnten:
Zitat: „Sollte es sich um einen Anschlag handeln, würde angesichts des technischen Aufwands eigentlich nur ein staatlicher Akteur infrage kommen“.

Das soll offenbar unterstellen, daß „Russland“ selbst seine Pipelines in die Luft jagte. Oder war das am Ende sogar „das rechtsradikale „Mussolini“-Italien“? Der Versuch der Presse und der grün-roten Medien, die wahren Schuldigen zu decken und deren Urheberschaft zu verheimlichen, ist längst gescheitert.

Kein Wort zu den Ankündigungen von Andreas Malm und Luisa Neubauer, man wolle demnächst Pipelines in die Luft sprengen.
Bereits am 27. September stand fest, daß es sich bei dieser Sabotage ganz offensichtlich um einen Terrorakt handelt. Die Explosionen, die mit keinerlei „Naturvorgängen wie Erdbeben oder ähnlichen Ereignissen“ in Einklang gebracht werden können, sondern „unzweifelhaft auf menschenverursachte Explosionen zurückzuführen sind“, wurden in einem skandinavischen seismografischen Institut in der Nacht von Sonntag auf Montag (27.09.22) eindeutig dokumentiert.

Die Aktivisten und Links-Ideologen der großen Transformation und des Great Reset in Deutschland und Europa  müssen sich nicht wundern, wenn die europäischen Wähler – wie zuletzt in Schweden und Italien – den konservativ-demokratischen Parteien ihre Stimme geben. Dafür sorgt schon der Selbsterhaltungstrieb der Menschen – denn: wer will schon Leben, Sicherheit und Wohlstand verlieren, nur weil offensichtlich eine wild gewordene terroristisch ausgerichtete Gruppe linksgepolter fanatischer Jugendlicher glaubt, in höchster Intoleranz mit RAF-Methoden gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung  radikale Ideologien „revolutionär“ und mit brutaler Gewalt durchsetzen zu müssen!

Die große Mehrheit der europäischen Bevölkerung wünscht sich Sicherheit durch Recht und Ordnung und ein hartes Durchgreifen gegen alle menschenverachtenden ökomarxistischen Ideologien –allen voran: gegen den Klima-Wahn! Die verfassungsfeindlichen, Gewalt in der Politik verherrlichenden Organisationen wie „Extinction Rebellion“, „Fridays for Future“ und „Ende Gelände“ sollten endlich höchstrichterlich als Verfassungsfeinde verboten werden.

Auch die vielen illegalen Aktionen von Greenpeace waren ganz sicher nicht dazu geeignet, Klassenkampf-Aktivisten wie z.B. diesen Andreas Malm von seiner maximalen Radikalisierung abzuhalten – ganz im Gegenteil!

Solange aber die Ex-Chefin von Greenpeace, Jennifer Morgan, die „neudeutsche“ Staatssekretärin im Außenministerium (AA) auf ausdrücklichen Wunsch der grünen Außenministerin Baerbock, der allseits bekannten schwäbischen Hausfrau und Mutter, außenpolitisch „mitmischen“ darf, wird es unseren Strafverfolgungsbehörden nicht leicht gemacht, die wahren Schuldigen dieser Pipeline-Terror-Aktionen dingfest zu machen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen.

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Gas als Waffe: Putins Bereitschaft zu immer brutaleren Mitteln
Von Peter Helmes

Nach den Attacken auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 ist nicht geklärt, wer dafür verantwortlich ist. Allerdings verdichten sich die Indizien, daß es sich um eine „False Flag“-Aktion Russlands gehandelt hat. So erklärten mehrere Moskauer Analysten, daß  der nicht zerstörte Strang von Nord Stream 2 ja weiter einsatzbereit wäre, wenn nur Deutschland endlich die Erlaubnis gäbe. Die Explosionen in der Ostsee unterstützen somit die seit Februar bestehende Forderung des Kreml.

Es passiert also, was von vielen befürchtet worden ist: Pünktlich zu Beginn der kalten Jahreszeit nutzt der russische Präsident Putin wieder einmal Gas als Waffe und versucht so, den Druck auf den Westen zu erhöhen. Dieser soll die Unterstützung für die Ukraine aufgeben, so die Botschaft des Kreml. Man muß also davon ausgehen, daß die russischen Gasexporte nach Europa demnächst wirklich Geschichte sein werden. Putin hat dann das geschafft, was nicht einmal im Kalten Krieg möglich war: die energiewirtschaftlichen Bande zwischen Russland und Mitteleuropa zu durchtrennen.

Der Verdacht liegt nahe, daß die mutmaßliche Sabotageaktion Teil der hybriden Kriegsführung des Kreml ist, indem die Aufmerksamkeit abgelenkt und Unsicherheit erzeugt wird. Denn sicher ist eines: Seit der Gegenoffensive der Ukraine hat Putin seinen Einsatz erhöht. Die Teilmobilmachung steigert die Unzufriedenheit unter den Russen und macht es dem Präsidenten noch schwerer, eine Niederlage in der Ukraine zu akzeptieren. Damit wächst auch seine Bereitschaft, zu immer brutaleren Mitteln zu greifen. Blasen an der Oberfläche zeigen, daß im Untergrund etwas passiert – nicht nur in der Ostsee, sondern vor allem in der russischen Bevölkerung, die nicht unter Putins rücksichtslosem Krieg leiden und dafür sterben will.

Wenn dieser Vorfall nun nicht zu einem drastischen Anstieg der Gaspreise führt, der den Westen davon abhalten könnte, die Ukraine weiter zu unterstützen, bleibt Moskau dann nur noch das letzte Mittel, zu Atomwaffen zu greifen? Zeitpunkt und Ort der Nord-Stream-Lecks sind jedenfalls kein Zufall. Wladimir Putin hat in den letzten Wochen an der ukrainischen Front so viele Niederlagen erlitten, daß er die Dynamik des Krieges so schnell wie möglich umkehren muß, wenn er an der Macht bleiben will.

Wer profitiert von dieser Sabotage?
An erster Stelle steht Russland. Die undichten Stellen jagen wieder einmal Schockwellen durch den Gasmarkt. In den letzten Tagen hatte sich der Gaspreis fast halbiert. Jetzt ist er wieder in die Höhe geschossen. Moskau braucht das Geld aus dem Gashandel, um seinen Krieg weiter zu finanzieren.

Es gibt allerlei Theorien, wer für die Sabotage an den Gaspipelines in der Ostsee verantwortlich ist, aber in Wahrheit zeigen alle Pfeile in Richtung Russland. Nachdem der russische Präsident Putin die Gaspipelines nicht mehr nutzen kann, um die Energieversorgung des Westens zu beeinflussen, kann er wenigstens versuchen, Unruhe auf den Märkten auszulösen und auf diese Weise die Verbündeten der Ukraine abzustrafen.

Es ist auch kein Zufall, daß die feigen Sabotageakte in internationalen Gewässern erfolgten; denn auf diese Weise sind sie kein Kriegsakt gegen ein anderes Land, und damit sinkt das Risiko eines NATO-Gegenschlags. Mit dem Sabotageakt rückt der Krieg in der Ukraine näher. Gleichzeitig wird eine Bedrohung vor Augen geführt, die lange Zeit nur für graue Theorie gehalten wurde: die Verletzlichkeit strategischer Infrastruktur auf dem Meeresgrund.

Durch unterseeische Kabel und Verbundnetze werden ganze Länder und Regionen mit Gas, Energie oder Internet versorgt. Ohne sie würden die Finanzmärkte und der freie Informationsaustausch zum Erliegen kommen. Verdeckte Angriffe wie jene auf die Nord-Stream-Pipelines könnten einen Großteil der westlichen Wirtschaft auf einen Schlag ebenso dysfunktional machen wie die russische durch die vom Westen verhängten Sanktionen.

Es ist an der Zeit, daß Großbritannien, die NATO und die Europäische Union kritische Infrastrukturen als Front in dieser neuen Ära der Kriegsführung betrachten. Das bedeutet, daß sie die Unterwasserüberwachung verstärken müssen.

Die Nord-Stream-Pipeline-Lecks vergrößern ohne Zweifel die Spannungen und vertiefen das Mißtrauen zwischen Russland und dem Westen. Die Zerstörung ziviler Infrastruktur ist auf das Schärfste zu verurteilen. Den EU-Mitgliedsländern droht nicht nur ein eisiger Winter, sondern auch eine Pleitewelle und Rezession. Durch diesen Sabotageakt ist der ohnehin kaum vorhandene Spielraum für politische Verhandlungen mit Russland noch einmal verkleinert worden.

Der Sabotage-Akt gegen Nord Stream 1 und 2 bringt damit eine neue Qualität der Bedrohung und militärischen Ungewißheiten in den Krieg, die weltweit Konsequenzen haben dürfte.

So wird sich wohl der Druck auf den Iran erhöhen, dessen Atomprogramm im Westen nun mit noch größerem Vorbehalt gesehen wird. In dieser angespannten Zeit besucht nun nach Nancy Pelosi US-Vizepräsidentin Kamala Harris Japan, den großen Rivalen Chinas. Und in dieser Zeit der großen Anspannungen gelingt es immer weniger, die großen Umweltkrisen in den Griff zu bekommen, wie sich zuletzt in Pakistan zeigte. Immer deutlicher zeigt sich, daß  die großen Krisen miteinander verwoben sind.

Putin droht erneut mit dem Einsatz von Nuklearwaffen
Wie kann dies verhindert werden? Als Antwort auf diese Frage könnte die Kuba-Krise in den 1960er-Jahren dienen. Der damalige US-Präsident John Kennedy verlangte von der Sowjetunion konsequent die Beseitigung der nuklearen Raketen aus Kuba. Jetzt braucht es wieder eine solche politische Figur, die Russland unmissverständlich klar macht, daß es seine Kriegsziele auch mit dem Einsatz von Atomwaffen nicht erreichen wird. In der Kuba-Krise wurden zudem mit dem sowjetischen Botschafter geheime Verhandlungen geführt, um eine für beide Seiten gesichtswahrende Lösung zu finden. Können die USA und Russland zu solch diplomatischem Geschick zurückfinden? Nun werden Klugheit und Mut auf die Probe gestellt.

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Türkei-Krim-Krieg 1853-1856: Keine gemeinsame Erinnerungskultur
Von Rasim Marz *)

1856 erlitt Russland gegen die Türkei und ihre westeuropäischen Verbündeten eine kapitale Niederlage im Krim-Krieg – heute versucht Erdogan geschickt, beide Parteien gegeneinander auszuspielen.

Russlands Aggression gegen das zerfallende Osmanische Reich stürzte Europa 1853 in einen Kontinentalkrieg, der unter anderem auf dem heutigen Kriegsschauplatz in der südlichen Ukraine ausgetragen wurde. Damals eilte Westeuropa den Türken zu Hilfe. Jetzt versucht die Türkei politisches Kapital aus dem Ukraine-Krieg zu schlagen.

2023 geht es für Staatspräsident Erdogan um die Wiederwahl. Außenpolitische Erfolge müssen somit her, damit die innenpolitischen und wirtschaftlichen Probleme in den Hintergrund rücken. Entsprechend nutzt die Türkei die Folgen der russischen Aggression gegen die Ukraine für ihre Interessen aus. Dabei scheut Erdogan auch nicht die Konfrontation mit den Nato-Verbündeten. Ob in der Frage der Nato-Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands, ob im Inselstreit mit Griechenland oder bezüglich der geplanten Offensive in Syrien – die Türkei versteht sich als unterschätzte und wenig geliebte Großmacht, welche Gleichberechtigung einfordert.

Die Ausfuhr ukrainischen Getreides durch Seekorridore, über die Moskau, Kiew und Ankara einen Vertrag geschlossen haben, versetzt die Türkei in die Lage, nicht nur die Migrations-, sondern auch die Hungerkarte gegen die Europäische Union auszuspielen. Ohne preiswertes Brot droht im Nahen Osten ein zweiter Arabischer Frühling. Die prekäre Versorgungslage könnte erneut Hunderttausende von Migranten dazu bringen, sich auf den Weg in den reichen Norden zu begeben. Erdogan weiß das sehr wohl, und weiß sein Land, wie unlängst beim Treffen mit Putin in Sotschi, als Player in Szene zu setzen, um den herum kein Weg führt.

Auf Ausgleich bedacht
Die Türkei trägt die westlichen Sanktionen gegen Moskau zwar nicht mit, liefert jedoch effiziente Kampfdrohnen an die Ukraine, um einer erdrückenden russischen Übermacht im Schwarzen Meer vorzubeugen. Der türkische Luftraum ist für russische Kampf- und Transportflugzeuge nach Syrien ebenso gesperrt wie die Meerenge für die Durchfahrt von Kriegsschiffen. Die Türkei ist sich der russischen Bedrohung in dreierlei Hinsicht bewußt: von der Meerseite und der Krim, von den russischen Stützpunkten in Armenien sowie den Militärbasen in Syrien. Nichtsdestoweniger ist Ankara auf Ausgleich bedacht, denn es ist neben Deutschland Hauptabnehmer von russischem Öl und Gas und setzt zudem auf russisches Kapital und russischen Tourismus.

Seiner hohen Opferzahl wegen wird der Krim-Krieg auch als „Weltkrieg des 19. Jahrhunderts“ bezeichnet.
Ankara verfolgt jedoch mit großer Aufmerksamkeit die Schwächung des russischen Einflusses in der Region, mehr aus einer passiven denn aktiven Rolle heraus. So wie der Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan die russische Hegemonie im Südkaukasus erschüttert hat und es der Türkei ermöglichte, einen eigenen Korridor zum Kaspischen Meer auszuhandeln, so hofft sie auch aus dem Ukraine-Krieg Vorteile zu erzielen. Schon vor dem russischen Überfall hatte die Regierung mithilfe des griechisch-orthodoxen Patriarchats und des Oberrabbiners von Istanbul ihre Beziehungen nach Kiew ausgebaut. Ankara sieht sich zudem als Schutzmacht der auf der Krim lebenden muslimisch-türkischen Tataren, die russischer Repression ausgesetzt sind. Es ist dies ein Hebel, der die Tür für eine Intervention offen hält.

Die historischen Beziehungen beider Länder waren in weiten Teilen von Eroberungsfeldzügen und Abwehrkämpfen geprägt. Seit den Zaren Peter I. und Katharina II. betrieb das imperiale Russland neobyzantinische Politik, deren Ziel die Eroberung Konstantinopels war. Das 1453 untergegangene, christlich-orthodoxe Oströmische Reich sollte unter russischer Führung wiederauferstehen. In derselben geistigen Tradition steht auch Putin mit seinem neoimperialen Traum von Großrussland, welches auch das Gebiet der Ukraine umfaßt, die von Moskau als historische Wiege der Nation betrachtet wird.

„Das kranke Land am Bosporus“
Das Osmanische Reich erlitt im Zuge der russischen Expansionspolitik des 18. und 19. Jahrhunderts weitreichende Gebietsverluste, worunter die Krim, die Festungen Asow und Cherson sowie das historische Bessarabien und Jedisan fielen. 1852 sah Russland die Möglichkeit, unter dem Vorwand verletzter Nutzungsrechte der Orthodoxen bei der Geburts- und Grabeskirche Jesu im osmanischen Palästina das europäische Gleichgewicht zu seinen Gunsten zu verändern und das Osmanische Reich zu zerschlagen. Die militärische Schwäche der Osmanen verleitete Zar Nikolaus in Gegenwart des englischen Gesandten zur berühmt gewordenen Aussage, daß „Europa einen kranken Mann auf den Armen liegen habe und es ein Unglück wäre, wenn er uns eines Tages entfallen sollte“.

Die Meldungen von russischen Truppenbewegungen in Bessarabien und von Flottenmanövern im Schwarzen Meer versetzten die osmanische Regierung unter so großen Druck, daß die Osmanen den Forderungen St. Petersburgs nachzugeben gewillt waren, was auch das Zugeständnis an Russland umfaßte, den osmanischen Außenminister eigenhändig auswählen zu dürfen. Ohne die Verhandlungsergebnisse abzuwarten, ordnete Zar Nikolaus die Mobilmachung an und traf Vorkehrungen für eine Offensive gegen die osmanischen Fürstentümer Moldau und Walachei sowie für die Eroberung Konstantinopels zur See.

Belagerung Sewastopols
Am 4. Oktober 1853 überreichte die osmanische Regierung Russland ein Ultimatum und forderte die Räumung der Donau-Fürstentümer Moldau und Walachei. Trotz der Anwesenheit eines britisch-französischen Flottengeschwaders vor den Dardanellen ließ der Zar das Ultimatum verstreichen. Am 12. März 1854 schlossen sich England, Frankreich und das Osmanische Reich sowie Sardinien-Piemont zu einem westlichen Militärbündnis gegen Russland zusammen. Die Großmächte Österreich und Preußen wiederum erklärten ihre Neutralität, was Russland gänzlich von der europäischen Staatenwelt isolierte.

Der Krimkrieg, der von 1853 bis 1856 dauerte, entwickelte sich zu einem Kontinentalkrieg. Seiner hohen Opferzahl wegen wird er auch als „Weltkrieg des 19. Jahrhunderts“ bezeichnet. Er brachte auch Bewegung in die europäischen Feindbilder: Die Osmanen, die seit der blutigen Niederschlagung der griechischen Erhebung von 1821 als „Barbaren“ angesehen wurden, fielen jetzt „russischer Barbarei“ zum Opfer und wurden von der westlichen Presse zu „Helden der Freiheit“ stilisiert.

Dies führte dazu, daß der polnische Fürst Adam Jerzy Czartoryski vom Pariser Hôtel Lambert aus polnische und ungarische Kämpfer rekrutierte, die nach den gescheiterten Revolutionen von 1830 und 1848 ins westliche Exil geflohen waren. Sie wurden von Marseille nach Istanbul eingeschifft, um ihren Kampf gegen Russland wiederaufzunehmen. Generäle wie Michal Czajkowski oder Lajos Tüköry traten in osmanische Dienste und hoben polnisch-ukrainische Kosaken-Verbände aus, die erfolgreich zum Einsatz kamen.

Die Festung Kars wurde bis Juni 1855 von 18 000 osmanischen Soldaten, aber auch von mehreren Legionen italienischer, polnischer und ungarischer Revolutionskämpfer gegen die Russen verteidigt. Mit der Belagerung von Sewastopol fand der Krimkrieg seinen Höhepunkt. Die Konzentration von bis zu 200 000 Soldaten auf der Krimhalbinsel sowie die waffentechnische Überlegenheit der westlichen Allianz führte im September 1855 zur Aufgabe der strategisch wichtigen Hafenstadt. Aber erst der Tod des Zaren und die Drohungen Österreichs und Schwedens, in den Krieg einzutreten, ebneten ab Dezember 1855 den Weg zu Friedensverhandlungen.

Nachdem die Vertreter der Kriegsparteien auf der Wiener Konferenz vom 1. Februar 1856 der österreichischen Note als Verhandlungsgrundlage zugestimmt hatten, verlegte sich der Friedenskongreß im März nach Paris, wo die Vertreter im Salon des Ambassadeurs im Quai d’Orsay zusammenkamen. „Von sämtlichen Mitgliedern dieses Areopags hat der Großwesir Ali Pascha den meisten Eindruck auf mich gemacht. Er ist der große Patriot, der verurteilt ist, vor dem Tode seines Landes Zeuge der Autopsie desselben zu sein“, erinnerte sich der österreichische Delegierte Graf Hübner in seinen Memoiren.

Mehmed Emin Ali Pascha setzte nach dem Sieg über Russland auf Garantien und eine westliche Sicherheitsarchitektur, die das Osmanische Reich vor weiteren Expansionsbestrebungen schützen sollte.
Die europäischen Großmächte garantierten im Pariser Friedensvertrag die Integrität und Souveränität des Osmanischen Reiches und erklärten in Artikel 7 „die Zulassung der Hohen Pforte zur Teilnahme an den Vorteilen der europäischen Staatengemeinschaft und des europäischen Völkerrechts“.

Keine gemeinsame Erinnerungskultur
Ein weiterer Punkt war die Demilitarisierung des Schwarzen Meeres, die den in der Weltgeschichte einzigartigen Fall eines befriedeten Meeres hervorbrachte und für Russland die Aufgabe der Schwarzmeerflotte bedeutete. England, Frankreich und Österreich verpflichteten sich in einem Zusatzabkommen, die vertragliche Wahrung der Integrität des Osmanischen Reiches zu schützen und jede Verletzung des Vertrages als Casus Belli anzusehen. Russland erreichte erst eine Demontierung des Pariser Friedensvertrages in den 1870er Jahren mit der Hilfe Otto von Bismarcks, der die deutsche Reichseinigung mit der militärischen Schwächung der für die Osmanen wichtigen Vertragspartner Österreich und Frankreich einhergehen ließ. Nach dem deutschen Sieg über Frankreich 1871 beliebte er das „Pariser System“ durch seine Realpolitik zu ersetzen.

Während der Krimkrieg in die nationalen Erinnerungskulturen Englands und Frankreichs einfloß und bis heute im Straßenbild von London und Paris in Form von Monumenten präsent ist, wurde der Sieg über Russland von 1856 in der Türkei durch das nationale Trauma des Ersten Weltkrieges fast vollständig überdeckt. Die Rolle der europäischen Großmächte beim Untergang des Osmanischen Reiches ist ein weiterer Grund, warum sich eine gemeinsame europäisch-türkische Erinnerungskultur nicht entwickeln konnte.

Das bis heute andauernde türkische Mißtrauen gegenüber dem Westen widerspiegelt sich in der Außenpolitik und der militärischen Aufrüstung Ankaras. Staatspräsident Erdogan hat in beinahe schelmischer Weise Gefallen daran gefunden, die westliche Welt mit ihren vielen Schwächen vorzuführen. Es stärkt ihn moralisch, in der Vermittlung zwischen Kiew und Moskau als Beitrag zum Frieden Verhandlungserfolge zu erringen, festigt aber auch seine eigenen osmanisch-neoimperialen Machtambitionen.
* (NZZ. Rasim Marz ist Historiker und Publizist für die Geschichte des Osmanischen Reiches und der modernen Türkei.)

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Politik in Deutschland: Endlich mal Tacheles reden
Von  Renate Sandvoß *)

Ich möchte nach langer Zurückhaltung endlich mal Tacheles reden und  meinen Frust rauslassen.

Ich hasse es, als intelligenter, lebenserfahrener, freiheitsliebender Mensch von Regierung und Medien wie ein unmündiges Kind behandelt zu werden! Kaum ein Fernsehbericht, der mir nicht haargenau vorschreiben will, was ich zu denken, zu essen, zu trinken und wen ich zu lieben und wen ich abzulehnen habe. In der Werbung finden nur noch Menschen mit anderer Hautfarbe statt, die sich in deutsche Familien lächelnd integrieren.

Wir sollen gezwungen werden, elektrische Autos zu fahren, obwohl Strom noch nicht mal für die Grundbedürfnisse ausreicht.

Wir werden genötigt, in dicken Pullovern in kalten Räumen zu hocken, , während wir auf den nächsten  Blackout warten. Selbst das Intimste - die Art der Körperpflege - wird uns von irgendwelchen Politikdarstellern  vorgeschrieben: Duschen 1 - 2 mal die Woche, ansonsten muss der Waschlappen herhalten.  

Wofür zahlen wir eigentlich die immensen Steuern? Unser Gesundheitssystem ist am Ende,  und Lehrer fehlen seit etlichen Jahren. In Deutschland funktioniert außer der Propaganda und täglichen Lügengeschichten nichts mehr. 16,6 % der Bürger leben in völliger Armut, Zahl rapide steigend.

Doch das geht unseren Regierungsdilettanten am Allerwertesten vorbei. Hauptsache, ihre Diäten reichen, um sich die dicken Villen und den Flieger leisten zu können.

Es macht mich wütend, wenn harmlose Liedchen wie "Layla" verboten, aber der perverse Müll von "Feine Sahne Fischfilet" von unserem Bundeskanzler angepriesen wird.

Menschen, die ihre aus der eigenen Erfahrung gewonnenen Ansichten äußern, die nur im Geringsten von denen der Befehlshaber abweicht, sind Staatsfeinde und werden verfolgt. Die Kunst, die Freiheit braucht, wird eingegrenzt und findet kaum noch statt.

Wir werden in einen Krieg gezwungen, mit dem wir nicht das Geringste zu tun haben, Das Spiel mit der Angst hört nicht auf. Und wenn alles nicht mehr funktioniert, werden die Masken wieder rausgeholt, um das Volk verstummen zu lassen.  

Das darf nicht passieren. Wir dürfen uns nicht ergeben.
Ich habe die täglichen Lügen der Medien sooo  unendlich satt!

*) Renate Sandvoß ist Malerin, Illustratorin sowie seit vielen Jahren Freie Publizistin, u.a. bei uns.

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Deutschland erreicht Platz 2 der „Best Countries“
Von Peter Helmes

Wo lebt es sich auf der Welt am besten? Ein Medium hat sich genau damit beschäftigt: Deutschland liegt weit vorn.

Ein US-amerikanisches Nachrichtenportal hat eine Liste mit Ländern zusammengestellt, die einem internen Ranking *) zufolge als "beste Länder" der Welt gelten. Das Portal "U.S. News" hat demnach nicht nur die wirtschaftliche Lage, den Erfolg des Landes und die Lebensqualität untersucht, sondern auch, welche Perspektiven die Bevölkerung hat. Damit ist gemeint, inwiefern etwa Unternehmen gegründet werden können. Auch die Präsenz des Landes, also wie die Wahrnehmung global ist, wurde untersucht.

10. Platz: Dänemark
9. Platz: Frankreich
8. Platz: Großbritannien
7. Platz: Australien
6. Platz: Japan
5. Platz: Schweden
4. Platz: USA
3. Platz: Kanada
2. Platz: Deutschland
1. Platz: Schweiz

Demnach ist Deutschland auf Platz 2. "Deutschland, das bevölkerungsreichste Land der Europäischen Union, besitzt eine der größten Volkswirtschaften der Welt und hat seit der Wiedervereinigung eine stetig wachsende Rolle in der internationalen Gemeinschaft erlebt", heißt es in der Begründung. Die Landschaft des Landes variiere von den nördlichen Gebieten mit Nord- und Ostsee bis hin zu den bayerischen Alpen.

"Dienstleistungen, zu denen Branchen wie Telekommunikation, Gesundheitswesen und Tourismus gehören, tragen den größten Teil zur Wirtschaft des Landes bei. Industrie und Landwirtschaft sind weitere bedeutende Wirtschaftszweige." Das Land habe zudem führende Kulturpersönlichkeiten hervorgebracht – wie etwa Ludwig van Beethoven, Immanuel Kant, Heinrich von Kleist. Außerdem seien Volksfeste als Tradition fest verankert, das bemerkenswerteste sei das jährliche Oktoberfest in Bayern.

*) Seit sieben Jahren wird das Ranking veröffentlicht. Beteiligt waren die Wharton School of Pennsylvania, ein globales Marketingkommunikationsunternehmen und der "US News & World Report". Etwa 17.000 Menschen aus 85 Nationen der Welt wurden dazu befragt. (Quelle: t-online, 27.9.22)

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POLIT-SPLITTER
Demokratie? Eine Frage zum Nachdenken
Der Schwindel beginnt schon im Wort: ‚Demos‘ bedeutet im Alt-Ionischen nicht ‚Volk‘ sondern ‚(Dorf)Gemeinschaft‘. Wirkliche ‚Demokratie‘ erwächst also von unten, einer Gemeinschaft von Familien, nach oben zur nächst-höheren Entscheidungsebene – durch kompetente, ausschließlich dem Diktat/Wunsch ihrer demos unterworfene Vertreter.

Herakleitos, Solon, Perikles u.a.m., die Urväter der athenischen Demokratie, würden wie Mixer im Grab rotieren, wenn sie die heutigen Usancen ihrer Idee – insbesondere die ‚parlamentarische Parteiend(a)emokratur‘ – erlebten.

Wie demokratisch ist es, wenn Schleimlinge im Parteiensumpf in für ein ganzes Volk maßgebende Ämter gehievt werden, die noch nie etwas Brauchbares, Werte Schaffendes in ihrem Leben vorweisen konnten; immer nur von Anderen (Eltern, Sozialkassen) und auf deren Kosten gelebt haben?

Mit welchem Recht wirken diese Ausnutzer einer Parteiend(a)emokratie dann über Jahre hinweg? Früher konnten Unfähige oder sich allzu frech Bereichernde jederzeit abgewählt, ausgewechselt oder exiliert werden – in nahezu alle Angelegenheiten aller Bürger hinein, auch wenn sie keinerlei Bezug dazu haben (können)? Und auch der Begriff einer Immunität wäre für die Athener völlig undenkbar gewesen. (Mir zugesandt von H.-W. Graf, per e-mail 30.8.22)

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Löschkultur (cancel culture, Zensur): Klassische Literatur wird „unsäglich“
Immer öfter werden Literaturklassiker zum Opfer der Löschkultur.
Die Zensur literarischer Werke aufgrund diskriminierender oder anstößiger Inhalte geschah zunächst in den USA. So verschwand dort Anfang 2022 Art Spiegelmanns „Maus“ aus den Bibliotheken, ein Comic über die NS-Zeit und ihre Opfer (der Autor ist Nachfahre von Überlebenden der Schoa).

Der Trend sei nun auch in Europa angekommen, wie die britische Zeitung The Times berichtet. Bereits zehn Universitäten in England gaben bekannt, dass Werke, welche die Themen Suizid oder Sklaverei behandeln, von den Leselisten gestrichen werden sollen.

Mehr als 1.000 weitere Texte werden mit Warnungen versehen oder von Pflicht- zu optionaler Lektüre herabgesetzt. Die Studenten sollten vor „herausfordernden Inhalten“ geschützt werden. Sogar Dickens und Shakespeare sind von der Bücherverbannung betroffen. Der Standard berichtet, Shakespeares „Sommernachtstraum“ werde an der Universität Aberdeen als „klassistisch“ und somit problematisch eingestuft. Auch Werke von Jane Austen, Charlotte Brontë und Agatha Christie werden mit der Warnung versehen, dass Leser sich vom Inhalt gestört fühlen könnten: wegen Sexismus, Rassismus oder Tierleid. Derlei Eingriffe in die Literatur hätten weitreichende Folgen.

Eine Umfrage unter britischen Studenten ergab, dass sie heute weniger tolerant gegenüber anderen Meinungen seien als noch vor sechs Jahren. Einschränkungen der freien Rede werden häufiger befürwortet. Michael Wurmitzer bezeichnet diese Entwicklungen im Standard als ein „hochbedenkliches, sich selbst verstärkendes System“. (derstandard.at)

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Gendersprache
„Rettet die deutsche Sprache vor dem Duden“
(VDS e. V., Verein Deutsche Sprache e. V.: Petition von Frauen gegen das Gendern - Bitte um Unterstützung)

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,
heute spreche ich Sie als Unterzeichner des Aufrufs „Rettet die deutsche Sprache vor dem Duden“ an. Leider hat der Duden sich durch diese Aktion nicht von seiner ideologischen Sprachsäuberung abbringen lassen, und gesamtgesellschaftlich eskaliert die Genderei munter weiter. Die sogenannte Gendersprache will sich mit Macht als höherer moralischer Sprachstandard etablieren und spaltet die Gesellschaft in immer unversöhnlichere Lager.

Die Sprache selbst — das wichtigste Medium zum Lösen von Problemen, und vielleicht sogar die letzte große Klammer einer gesellschaftlichen Normalität — ist zum Problem geworden. Dabei braucht eine Demokratie den gewachsenen (Sprach-)Standard, die Einheitssprache, deren wichtigste Kriterien Verbreitung, Verständlichkeit und soziale Übereinkunft sind. Die Standardsprache ermöglicht es, allgemeine Aussagen zu treffen und sprachliche Diversität lebendig zu erhalten. Alle sprachlichen Varianten, von der Wissenschaftssprache über diverse Fachsprachen bis hin zum Kiezdeutsch, sind ja auf diesen Standard bezogen.

Da die Sprache als Grundlage des gesellschaftlichen Miteinanders in Gefahr geraten ist, möchte ich, als Leiter der AG Gendersprache im VDS und frisch gewähltes Vorstandsmitglied, Sie einmal mehr um Unterstützung bitten, diesmal für unsere jüngste Aktion:

Um einmal ein Zeichen zu setzen, dass nicht nur „alte weiße Männer“ die sog. Gendersprache ablehnen, und um eine Brücke zu schlagen zu der breiten Mehrheit außerhalb des VDS e. V., die unser Anliegen nachweislich teilt, habe ich eine ausschließlich von Frauen initiierte Petition auf den Weg gebracht. (Selbstverständlich dürfen, ja sollen auch Männer sie unterzeichnen. Die Weigerung, den Gesslerhut zu grüßen, kennt ja keine Geschlechtertrennung). Die Petition soll vor den Petitionsausschuss des Bundestages.

Wir Frauen fordern von Politik, Verwaltungen, ÖR-Medien, Bildungseinrichtungen und vom Gesetzgeber die konsequente Abkehr von der ideologiegetriebenen „Gendersprache“. Wir wollen mit der Petition das Genderthema-Thema dort zu Ohren bringen, wo es hingehört: im Bundestag, wo ja auch das unselige Gender-Mainstreaming-Programm einst verabschiedet wurde, das die Hintergrundmusik zu der sprachlichen Zerstörungswut liefert.

Da „Gendersprache“ in keiner der bürgerlichen Parteien eine Mehrheit hat (nichtmal bei den Grünen!) fragen wir uns, wie sie sich in der offiziellen öffentlichen Kommunikation überhaupt auch nur einen Tag länger halten kann! Politisches Handeln müsste doch die überwiegende Ablehnung endlich widerspiegeln, die alle Parteien zusammengenommen (und in weitestgehender Übereinstimmung mit dem Votum des Souveräns) heimlich hegen! Laut Infratest Dimap lehnen alle Parteien „Gendersprache“ mehrheitlich ab:

- Grüne zu 48 %,
- SPD-Anhänger zu 57 %,
- Union zu 68 %,
- Linke zu 72 %,
- FDP zu 77% und
- AfD zu 83 %.

Um das Quorum von 50.000 zu erreichen, ja besser noch zu übertreffen, brauchen wir frischen Rückenwind. Bitte unterzeichnen Sie mit Ihrem guten Namen (öffentlich oder anonym), und verbreiten Sie die Petition auf allen Ihnen zur Verfügung stehenden Kanälen weiter. Mit einem Klick auf den Link können Sie unterschreiben und stehen sogleich in bester Gesellschaft (zur Zeit knapp 35.000 Unterschriften und über 12.000 aufschlussreiche Kommentare ;-))
Danke für Ihre Unterstützung (auf dem Weg zum baldigen g {ENDE} r der sprachlichen Tyrannei).
Herzliche Grüße,
Sabine Mertens
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Sprache bildet keine Gerechtigkeit ab
Prof. Dr. Katerina Stathi von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) hat mit anderen Sprachwissenschaftlern den Aufruf an den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) unterschrieben. Auf der Internetseite der WWU versichert Stahi als erstes, sie sei selbstverständlich nicht gegen Geschlechtergerechtigkeit. „Aber Sprache hat nicht die Funktion, Gerechtigkeit abzubilden, sie kann nicht das Spielfeld dieser Diskussion sein.“

Schon die Begriffe „geschlechtergerecht“ oder „geschlechtersensibel“ führen in die Irre, denn sie „implizieren – und das sollen sie wohl auch ausdrücklich –, dass diejenigen, die diese Praxis mitmachen, gerecht und sensibel sind. Das sind allerdings moralische Kategorien, die in dieser mittlerweile ideologisch geprägten Diskussion fehl am Platze sind.“ Stathi plädiert für neutrale Begriffe wie „gendern“ oder „gegenderte Sprache“ und fordert „eine kritische Neubewertung des Sprachgebrauchs auf ,sprachwissenschaftlicher Grundlage‘.“ Daran fehle es, die Debatte werde stattdessen moralisch-ideologisch geführt.

In Sätzen wie „Ich gehe zum Arzt“, sei das Geschlecht zumeist unerheblich, in solchen Fällen tendiere der Sprachgebrauch zur sprachökonomisch kürzesten Form. Sprache sei grundsätzlich unterspezifiziert: „Das heißt, dass wir in der Kommunikation sehr viele Details auslassen. Die Pragmatik, also der Kontext und unser Weltwissen, reichern die Bedeutung in einer konkreten Gesprächssituation an.“ Was das bedeutet, lasse sich auf die Formel bringen: „je mehr Bedeutung, desto mehr Form.“ Ist das Geschlecht unwichtig, tendiere die Sprache zur kürzesten Form. Wolle man das Geschlecht, beispielsweise des Arztes, hervorheben, gebe es dafür die entsprechende sprachliche Option mit der Endung ‚in‘. „Jeder Sprecher kann entscheiden, welche und wie viele Informationen relevant sind.“

Stathi widerspricht dem Eindruck, dass sich immer mehr Menschen, ganz unabhängig von der wissenschaftlichen Bewertung, für eine Abkehr vom generischen Maskulinum entscheiden. Diese Praxis gebe es in manchen Medien, der Politik und in akademischen Gruppen. „Aber wenn Sie den Menschen auf der Straße zuhören, dann ist das generische Maskulinum nach wie vor der Normalfall. Ich kenne auch viele Kolleginnen und Kollegen aus meinem beruflichen Umfeld, die genervt sind, dass man von ihnen erwartet, diese oder jene Form zu verwenden.“ Das gelte auch für viele Studenten.

Bei der Gendersprache handle es sich nicht um Sprachwandel, bei dem neue Formen auf natürliche Weise entstehen, sondern um Vorgaben und Anordnungen. Natürlicher Sprachwandel sei nicht abrupt, er brauche Zeit und er könne nicht verordnet werden. das sei kein Sprachwandel, sondern Sprachpolitik.

Die Kritik, dass Gegner des Genderns rückwärtsgewandt und konservativ seien, lässt Stathi nicht gelten, sie sei „unfair und unsachlich. Und es ist geradezu traurig, dass einige Nachwuchswissenschaftler offenbar aus Angst vor einer derartigen Stigmatisierung und aus Sorge um ihre berufliche Zukunft sich nicht trauen, ihre Meinung zu sagen“, so die Sprachwisenschaftlerin. (uni-muenster.de)

Eindeutige Online-Umfrage
In der Sendung Stern TV ging es (auch) um das Thema Gendern, da diskutierten die Autorin und Komikerin Sarah Bosetti und der Rocksänger und Schriftsteller Heinz Rudolf Kunze. Am Ende der Sendung wurde eine Umfrage mit 20.000 Online-Teilnehmern ausgewertet. Insgesamt waren mehr als 95 Prozent gegen das Gendern der Sprache, von den teilnehmenden Frauen waren es fast 90 Prozent. Die Teilnehmer, die ihre geschlechtliche Identität mit divers angaben, sprachen sich zu 96 Prozent gegen die Gendersprache aus. ( youtube.com)

(Anm. d. Red.: Ergebnisse von Online-Umfragen sind nie repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Offenbar sind Zuschauer von TV-Stern, welche die Abstimmungsmühe nicht scheuen, so eindeutig gegen das Sprachgendern. Allenfalls lässt sich daraus aber nur schließen, dass Netzbürger noch häufiger als die Älteren im Lande das Sprachgendern ablehnen.)

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Offensives Gendern an Schulen
Der SWR berichtet über eine Lehrerin an einem Gymnasium, die im Unterricht gendert. Die Nutzung der Genderpause begründet sie damit, dass sie niemanden diskriminieren wolle:

„Wir haben viele Schüler_innen, die tatsächlich auf einen zukommen und sagen: Ich möchte nicht, dass man mich 'sie' nennt, auch wenn ich vielleicht aussehe wie ein Mädchen.“

Die Lehrerin lässt sich offenbar nicht vom Kultusministerium daran hindern. Dieses hält sich an den Rechtschreibrahmen des Rechtschreibrates, der Binnen-„I“s und Gendersterne nicht vorsieht. Unterstützt wird sie in ihrer Meinung von Jakob Jung, dem Vorsitzenden des Landesschülerbeirats. Er behauptet, es gäbe nur 20 oder 15 Prozent, die das Gendern „nicht gut finden“. Gendern als Fehler anzustreichen sei nicht mehr zeitgemäß, so Jung. Er erwartet, dass sich der Rechtschreibrat und das Kultusministerium Baden-Württemberg für die Zulassung des Genderns einsetzen. Sabine Krome, Geschäftsführerin des Rechtschreibrats, sieht solche Forderungen skeptisch. Man beobachte die Sprachentwicklung und sei sich des Streits an den Schulen bewusst.

Doch Gendern sei problematisch, wenn es um das Deutschlernen geht: „Also für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Und wenn man solche Formen zulässt oder empfiehlt, schließt man auch gleichzeitig bestimmte Gruppen aus der Schreibgemeinschaft aus“, so Krome. Sprache müsse verständlich, eindeutig und gut lesbar sein, sagt sie, das sei mit Genderschreibweisen nicht mehr erfüllt. (swr.de)

Siehe dazu auch den Kommentar „Linientreu“ des Vereins Deutsche Sprache (VDS):

Linientreu
Nein, im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) gibt es keine Genderanweisung. Bestimmt nicht. Zumindest wird man in den oberen Etagen nicht müde, das immer wieder zu betonen.

Da aber niemand von außen wirklich weiß, wie streng Leitfäden (die dem VDS hier teilweise sogar vorliegen!) wirklich in den Redaktionen durchgesetzt werden, ist es schwer, interne Abläufe zu beurteilen. Was jedoch beurteilt werden kann, ist das Produkt, das dabei herauskommt. Im Fall des SWR-Beitrags zu einer gendernden Lehrerin (siehe oben: „Offensives Gendern an Schulen“) bleibt mehr als ein fader Beigeschmack hängen.

Die Redaktion hat grundlegende journalistische Maßstäbe im besten Fall ignoriert, im schlechtesten absichtlich außer Acht gelassen: Der Vorsitzende des Landesschülerbeirats spricht von lediglich 15-20 Prozent, die das Gendern ablehnen. Eine kurze Gegenrecherche hätte schnell ergeben, dass diese Zahlen Humbug sind. Die Ablehnung liegt – je nach Fragestellung und Umfrage-Institut – zwischen 60 und 95 Prozent.

Es irritiert, dass ausgerechnet eine Redaktion des ÖRR es versäumt, eine standardisierte Überprüfung der Aktualität von Zahlen vorzunehmen. Auch die falsche Ausgewogenheit fällt ins Auge: Bei einer Ablehnung von durchschnittlich mindestens 3/4 zu einem Thema kommen im Beitrag nicht entsprechend viele Stimmen dieser Position vor; vielmehr ist das Verhältnis genau entgegengesetzt. Die Pro-Gender-Fraktion ist mit drei bzw. vier Stimmen vertreten, die Contra-Gender-Fraktion mit einer. Auch hier wird klar: Ein ausgewogener, informativer Beitrag soll das nicht sein. Vielmehr war der Redaktion wichtig, eine Ideologie mit Argumenten zu untermauern, die in der Bevölkerung nicht vorhanden ist.

Statt sich auf „Information und Bildung“ zu konzentrieren, wie es Aufgabe des ÖRR ist, zog man es vor, sich linientreu zu geben und einen Beitrag zu erstellen, der die Wirklichkeit nicht widerspiegelt, sondern sie sich schönredet. (Doro Wilke)

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Gendern verstellt Problemlösung
B.Z.-Redakteurin Larissa Hoppe beklagt in ihrer wöchentlichen Kolumne, dass das Verwenden der Gendersprache zwar für Sichtbarkeit sorgen soll, jedoch nicht anspreche, worum es gehen müsse. „Gendern ist nur Tusche, ein Anstrich, der die eigentlichen Probleme verdeckt“, meint Hoppe. Anhand der Sprache ließen sich Verhaltensweisen, veraltete Denkmuster, sowie Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen sowie nicht-binären Menschen nicht verändern oder verhindern, sagt Hoppe. Des weiteren führt sie aus, dass Sichtbarkeit nicht durch ein Sternchen erreicht werde, sondern dadurch, dass geschlechtsspezifische Unterschiede wahrgenommen und geschätzt würden. „Erst muss sich der Gedanke ändern – und dann ändert sich die Sprache manchmal mit.“ (bz-berlin.de)

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Kein Gendern - Uni will Professor Lehre verweigern
Jürgen Plöhn ist Politik-Professor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). In seinen Seminaren gendert er nicht – von seinen Studenten erwartet er eine korrekte Sprache. In seinen 30 Jahren der Lehre habe es mit dieser Praxis keine Probleme gegeben. Studenten wurden darauf hingewiesen, und wer sich damit nicht arrangieren wollte, hat den Kurs verlassen, „wegen Genderns wurde kein Leistungsnachweis verweigert“, so Plöhn in der Welt. Dennoch gab es im April 2021 eine Beschwerde bei der „Präventionsstelle Diskriminierung und sexuelle Belästigung“. Das Institut für Politikwissenschaften forderte Plöhn daher auf, diese Praxis zu beenden. Dieser wehrte sich: „Wissenschaft ist Wahrheitssuche, und das wesentliche Instrument dazu ist in den Geisteswissenschaften die Sprache. Wer gendert, bringt damit eine politische Ideologie zum Ausdruck, die die Verhältnisse nicht nur erforschen, sondern verändern will“, so Plöhn.

Im Wintersemester 2021/2022 eskalierte die Situation: Der Studiendekan erkundigte sich hinter dem Rücken des Professors bei dessen Studenten, ob seine Vorgehensweise weiterhin gelte. Plöhn selbst erfuhr erst von einer Studentin davon und sprach von „Bespitzelung“.

Institutsdirektor Johannes Varwick teilte ihm dann im Februar mit, man habe sich entschieden, dass Plöhn keine Lehre mehr an der MLU anbieten könne. Weil Plöhn allerdings in Halle habilitiert ist, darf ihm die Lehre dort nach dem Hochschulrecht des Landes nicht verweigert werden. Das sah auch Varwick ein, schob aber direkt nach: „Sehr wohl können wir aber als Institut die Rahmenbedingungen dafür festlegen.“ Diese Rahmenbedingungen sahen u. a. vor, keine Ressourcen mehr zur Verfügung zu stellen, um Raumbuchungen etc. müsse Plöhn sich selbst kümmern, außerdem können Studenten seine Vorlesungen nicht mehr für die Pflichtmodule anrechnen lassen.

Varwick schrieb in seinem Schreiben an Plöhn süffisant weiter: „Ich weiß nicht, sehr geehrter Herr Plöhn, ob Sie unter diesen Voraussetzungen noch Freude an der Lehre haben werden.“ Plöhn bietet angesichts dieser Behandlung im Sommersemester 2022 tatsächlich keine Lehrveranstaltungen mehr an. Allerdings ist die Sache noch nicht erledigt: Auf seine Eingabe hin beschäftigt sich derzeit der Petitionsausschuss des Landtags Sachsen-Anhalt mit dem Vorgang, mit einem Votum ist im November zu rechnen. Plöhn hofft auf ein Einlenken der Uni, andernfalls erwägt er eine Klage. (welt.de (Bezahlschranke))

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Friedrich Merz gegen Gendern im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk
Auf dem CDU-Parteitag in Hannover hat sich CDU-Chef Friedrich Merz erneut deutlich in Sachen Gendersprache positioniert und ist dabei auch hart mit dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) ins Gericht gegangen.

Vor allem dort, so Merz, solle man sich an die Regeln halten, „die wir uns alle in diesem Land gegeben haben – auch für die Verwendung der deutschen Sprache.“ Universitäten und der ÖRR seien keine Volkserziehungsanstalten, vielmehr hätten sie einen staatlichen Bildungs- und Informationsauftrag. Das sei umso wichtiger, da ARD und ZDF über Gebühren finanziert werden, die von Allen in der Gesellschaft erhoben werden. Über das Thema diskutierte Merz auch in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ (am 13. September 2022). (rnd.de, zdf.de)


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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
das mag für heute genügen.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Nächsten einen schönen sonnigen, „goldenen“ Oktober, zudem den Schutz Gottes und, wie stets an dieser Stelle, uns allen eine bessere Politik.

Mit herzlichen Grüßen und bestem Dank für Ihre Treue,
Ihr
Peter Helmes
Hamburg, 10. Oktober 2022


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